Geldregen für den Nachwuchs

(18.02.2020) Eintausend Tenure-Track-Professuren sollen durch das aktuelle Bund-Länder-Programm gefördert werden. Der Großteil der Stellen ist bisher noch nicht besetzt.
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Editorial

Der Wissenschaftsrat als wichtigstes wissenschafts­politisches Beratungs­gremium in Deutschland hat sich immer wieder mit Karriere­möglichkeiten auseinandergesetzt und Empfehlungen ausgesprochen. Im Nachgang dieser Empfehlungen wurden in der Bund-Länder-Kommission (BLK) oder im Nachfolgegremium GWK millionen­schwere Förderprogramme mit Finanzierung durch Bund und Länder aufgelegt. Beispiele sind die Juniorprofessur (2002), das Professo­rinnen­programm (2008) und das aktuelle Tenure-Track-Programm für Universitäten (2016).

In den USA wurde der Tenure Track eingeführt, um die Freiheit der Wissenschaft zu sichern. Sich kritisch äußernde Professoren sollten nicht einfach vor die Tür gesetzt werden können. Aber auch in den USA ist die Tenure-Track-Professur nicht die vorherrschende Personal­kategorie. Laut American Association of University Professors hat ihr Anteil stark abgenommen und liegt nur noch bei knapp über zwanzig Prozent. Auch abseits der Elite­einrichtungen wird zunehmend aus Sparzwängen auf befristete (Teilzeit-)Beschäftigte zurückgegriffen.

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Tenure Track made in USA

Der Einstieg in den Tenure Track erfolgt häufig durch Bewerbung auf eine öffentlich ausgeschriebene, befristete Assistenzprofessur mit echtem Tenure Track oder die Option darauf. Nach fünf bis sechs Jahren werden die bisher erbrachten Leistungen langwierig unter Heranziehung externer Referenzen evaluiert. Das Department spricht eine Empfehlung aus, über die übergeordnete Gremien entscheiden. Bei positiver Evaluierung erhält man Tenure, also eine Stelle auf Lebenszeit an der jeweiligen Einrichtung, und wird in der Regel gleichzeitig zum Associate Professor befördert, ohne sich nochmals gegenüber Mitbewerbern durchsetzen zu müssen. Bei negativer Evaluierung muss die Einrichtung nach einem Jahr verlassen werden und man kann sich an einer der weniger renommierten Einrichtungen oder in der Wirtschaft verdingen.

Die Beförderung zu einem Full Professor ist nach circa fünf weiteren Jahren über eine erneute Evaluierung möglich. Klappt dies nicht, so nehmen vielleicht Ego und Renommee Schaden, aber Auswirkungen auf die Lebensstelle als Associate Professor hat es nicht, und nach ein paar Jahren kann man es erneut probieren. Eine Mär hingegen ist, dass Prozesse und Kriterien an US-Institutionen relativ einheitlich und transparent sind. So gibt es an vielen privaten Elite-Unis keine Ausschreibungs­pflicht für Professoren­stellen. Ebenso ist Tenure zunächst nicht direkt mit einem Anrecht auf Ausstattung oder regelmäßigen Gehalts­aufbesserungen verknüpft.

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Tenure Track made in Germany

In fast allen Landesgesetzen sind zwischenzeitlich Regelungen zum Tenure Track auch für Juniorprofessoren verankert. Mehrere Unis haben den Tenure Track bereits als Modell oder hochschulweit in ihre Personal­entwicklungs­konzepte integriert: Sei es, um Talente und „Leuchttürme“ aus dem In- und Ausland anzuziehen oder um Bonuspunkte beim Kampf um den Titel Exzellenzuni zu gewinnen. Die Münchner Unis gehören dabei sicherlich zu den Vorreitern und haben bereits mehr als 100 Tenure-Track-Professoren seit 2012 berufen (Technische Universität München) oder aktuell 350 Stellen als W2 mit echtem Tenure Track im Stellenplan ausgewiesen (Ludwig-Maximilians-Universität München). Die Technische Universität Dresden schrieb 2013 erstmals Open-Topic-Tenure-Track-Professuren aus, also Themen offene Tenure-Track-Professuren. Aus 1.300 Bewerbungen, dreißig Prozent aus dem Ausland, wurden letztendlich acht Professuren besetzt.

Mithilfe des aktuellen Bund-Länder-Programmes zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses soll jetzt die Tenure-Track-Professur als eigenständiger Karriereweg bundesweit etabliert und nachhaltig an den Unis verankert werden. In der Ausschreibung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wird betont, dass die jetzt geschaffenen eintausend Professuren auch nach Auslaufen des Programms 2032 erhalten bleiben. Ebenso möchte man mit der Förderung einen Kulturwandel einleiten, der sich auf die gesamte Personalstruktur des wissenschaftlichen Nachwuchses auswirkt.

Zwei Antragsrunden

Die Vergabe im Tenure-Track-Programm erfolgte in zwei Antragsrunden. Die antragstellenden Universitäten, das heißt Unis und ihnen gleichgestellte Einrichtungen wie Pädagogische oder Kunst- und Musik-Hochschulen, reichten hierzu Personal­konzepte ein, die auf die eigene Einrichtung zugeschnitten und mit Landesrecht vereinbar waren. So musste der Status quo der Personalstruktur und des bisherigen Berufungs- und Karrieresystems sowie deren zukünftige Weiter­entwicklung einschließlich der Implementierung der beantragten Tenure-Track-Professuren dargestellt werden. Ebenso war auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Verstetigung der Maßnahmen nach Auslaufen der Förderung im Detail einzugehen. Ein 18-köpfiges Gremium unter Leitung von Reinhard Jahn vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen begutachtete die Anträge.

Die Förderung erfolgt über eine Pauschale des Bundes in Höhe von 118.045 Euro pro Jahr und Professur und läuft ab Ausschreibung der Tenure-Track-Professur, zu deren Besetzung sich die Unis drei Jahre lang Zeit lassen können. Über die Pauschale, die bis zu 13 Jahre gezahlt wird, können Personalaufwendungen einer W1- oder W2-Professur auf maximal sechs Jahre und bei positiver Tenure-Evaluation für Anschluss­anstellungen wie W2- oder W3-Professuren auf höchstens zwei Jahre sowie deren anteilige Ausstattung kofinanziert werden. Ebenso förderfähig ist ein sogenannter Strategieaufschlag von weiteren 15 Prozent, der von den Unis flexibel verwendet werden kann, um die Tenure-Track-Professuren umzusetzen. Verlängerung des Förderzeitraums von bis zu acht Jahren ist möglich bei Geburt oder Adoption von Kindern (zwei Jahre) oder bei negativer Zwischen- oder Tenure-Evaluierung zur Überbrückung (ein Jahr).

Es scheint alles geregelt zu sein, nun bleibt abzuwarten, wie die Konzepte an den einzelnen Standorten umgesetzt werden und ob der erwünschte Kulturwandel tatsächlich erfolgt.

Ralf Schreck

Dieser Artikel wurde für unsere Webseite stark gekürzt. Im ausführlichen Artikel im aktuellen Laborjournal-Heft (1-2/2020) erfahren Sie mehr über die Juniorprofessur und eine mögliche Bundesprofessur.

Illustr.: Pixabay/mohamed_hassan