Femtomolare Detektion mit Leuchtwolke

(22.04.2020) Mit einem Nanokonstrukt aus Goldstäbchen, Albumin, Fluorophoren und Biotin kann man die Signalstärke in Fluoreszenz-basierten Assays drastisch erhöhen.
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Editorial

Der Nachweis von Biomolekülen ist umso schwieriger, je seltener sie vorkommen. Es reicht nicht, die Nadel im Heuhaufen zu greifen, wenn man sie beim Heraus­ziehen wieder verliert. Oft werden Analyte mit spezifischen Antikörpern „gegriffen“, die selbst mit markierten sekundären Antikörpern oder anderen spezifischen Interaktions­­partnern nachgewiesen werden. Als Markierung werden häufig (Fluoreszenz-)Farbstoffe eingesetzt. Beliebte Interaktions­­partner sind Biotin und Steptavidin. Dank dieses Duos kann man zum Beispiel ein Biomolekül mit einem Biotin-markierten Antikörper binden, um es anschließend mit einem fluoreszenz­­markierten Streptavidin zu detektieren.

Problematisch ist hierbei aber immer das Signal-zu-Hintergrund-Verhältnis. Der Hintergrund lässt sich bestenfalls durch stringenteres oder längeres Waschen etwas zurückdrängen. Dafür kann man aber das Signal gehörig aufdrehen. Ein Team um den Spezialisten für organische Nanomaterialien Srikanth Singamaneni von der Universität Washington entwickelte hierfür ein fluoreszierendes Nanokonstrukt, das so hell wie eine kleine Supernova leuchtet. Mit dem fluoreszierenden „Add-on“ ist es selbst mit null-acht-fünfzehn Fluoreszenz-Assays möglich, Biomoleküle zu detektieren, die nur in femtomolaren Konzentrationen vorliegen.

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Zusammen leuchten

Die Grundidee der amerikanischen Forscher ist sehr simpel: Arrangiert man viele Fluorophore geschickt zusammen, leuchten diese wesentlich stärker als ein einzelnes Fluorophor. Einfach so zusammen­­schmeißen kann man die Fluorophore aber nicht, da auf engem Raum Lösch- beziehungsweise Quenching-Effekte auftreten, welche die Signale eliminieren.

Um dies zu verhindern, ordnete die Gruppe die Fluorophore in einem Gerüst aus Rinderserum-Albumin (BSA) mit einem optimalen Abstand zueinander an. Als Farbstoff verwendeten die Forscher das Nah-Infrarot-Fluorophor IR800CW, das sie mit einer Carbodiimid/NHS-Kupplungs­­reaktion mit BSA verknüpften. Mit der gleichen Technik verbanden sie zusätzlich auch Biotin-Moleküle mit dem BSA. Das Verhältnis der drei Komponenten BSA, Biotin und 800CW stellten sie auf etwa 1 zu 8,7 zu 1,2 ein.

Mithilfe winziger Nanostäbchen aus Gold (AuNR) ordneten die Forscher möglichst viele BSA-Biotin-800CW-Komponenten in geeigneter Entfernung zueinander an. Die Goldstäbchen wirken als sogenannte plasmonische Antennen, die Infrarot­strahlung einfangen und die Interaktion von Licht und Materie verstärken. Die AuNRs wurden hierfür zunächst mit 3-Mercapto­propyl-Trimethy­oxysilan (MPTMS) modifiziert, um ihnen eine „klebrige“ Oberfläche zu verleihen. Anschließend mischte sie die Gruppe mit den einzelnen Komponenten eines Siloxan-Copolymers, die auf den mit MPTMS vorbehandelten Goldstäbchen kondensierten und dieses mit einer gelartigen Copolymer-Wolke überzogen.

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Goldantennen mit Plasmon-Effekt

Auf der Wolke mit integrierten Goldstäbchen brachten Singamanenis Mitarbeiter schließlich die BSA-Biotin-800CW-Konstrukte unter. Dafür mischten sie die beiden Komponenten, behandelten sie zwanzig Minuten mit Ultraschall und ließen sie danach drei Tage kühl und im Dunkeln ruhen. Durchschnittlich gelangten so 210 BSA-Biotin-800CW-Konstrukte auf ein Goldstäbchen. Durch den Plasmon-Effekt der Goldantennen erhöht sich die Signalstärke eines 800CW-Moleküls im Vergleich zum freien Fluorophor um das Dreißigfache. Zusammengehalten wird das Ganze über elektrostatische und hydrophobe Wechsel­wirkungen sowie über Wasserstoff­brückenbindungen.

Die Leuchtwolke kann man mithilfe der Biotin-Gruppe sehr einfach an Strept­avidin-markierte Fluorophore hängen, um zum Beispiel das Signal bei einem ELISA zu verstärken. Hierfür ist nur ein zusätzlicher Schritt notwendig. Beim ELISA-Assay ist der Analyt in der Regel zwischen einem Primär-Antikörper und einem biotinylierten Sekundär-Antikörper gefangen. Mit einem Fluoreszenz-gelabelten Strept­avidin weist man die Bindung nach. Da Streptavidin ein Tetramer ist, sind aber noch Anknüpfungspunkte frei, an die man die Fluoreszenz-Wolke als „Add-on“ anhängen kann, um das Fluoreszenz-Signal drastisch zu verstärken.

Tausendfache Verstärkung

Bei einem Fluorophor-linked Immunosorbant Assay (FLISA) mit dem Add-on (p-FLISA) beobachtete die Gruppe eine 1.440-fache Signalverstärkung, verglichen mit dem einzelnen fluoreszenz­markierten Strept­avidin. Die niedrigere Detektions­schwelle verkürzt zudem die Detektions­zeiten. So genügten für den p-FLISA zwanzig Minuten gegenüber 280 Minuten für den ELISA. Auch der dynamische Bereich liegt etwa zwei Größen­ordnungen über dem eines ELISAs.

Die Signalverstärkung durch die Leuchtwolke funktioniert aber auch bei der Durchfluss­zytometrie. Die amerikanischen Forscher demonstrierten dies mithilfe von Experimenten zum Zellreifungs­marker CD80, dessen Expression durch ein Immun­stimulans aktiviert wurde.

Andrea Pitzschke

Luan J. et al. (2020): Ultrabright fluorescent nanoscale labels for the femtomolar detection of analytes with standard bioassays. Nature Biomedical Engineering, DOI: 10.1038/s41551-020-0547-4

Bild: Pixabay/EJF_Design