Effektiver testen mit Clonepool

(29.04.2020) Angesichts begrenzter Testkap­azitäten für SARS-CoV-2 machen sich immer mehr Gruppen Gedanken zu intelligenten Pooling-Strategien.
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Editorial

Bei geringen Durchseu­chungsraten ergibt es Sinn, mehrere Proben zusammen­zuwerfen und als Pool zu testen. Liefert der Pool kein Reaktions­produkt bei der RT-PCR, können alle Probanden eines Pools als negativ abgehakt und so jede Menge Tests eingespart werden. Verläuft der Test positiv, sind zusätzliche individuelle Tests nötig.

Bei eindimen­sionalen Tests, in denen jede Probe nur in einem Pool vorkommt, wird das Nachtesten aber mitunter mühsam. Bringt es etwas, ein und dieselbe Probe auf unter­schiedliche Pools zu verteilen und sie mehrfach abzuklopfen? Ein Team um Brigitte König vom Universitätsklinikum Leipzig ist dieser Frage systematisch nachgegangen.

Prinzipiell wäre bei einer sehr schwachen Durch­seuchung eine enorme Poolgröße möglich, solange die damit verbundene Verdünnung nicht an die Sensitivitäts-Grenze der RT-PCR stößt. Eine positive Probe inmitten hunderter negativer würde übersehen werden. Erfreulicher­weise ist aber der Virus-Titer in SARS-CoV-2-Infizierten vergleichsweise hoch, so dass Einzelreaktionen bei Ct-Werten von 18 bis 25 liegen (Nature, DOI: 10.1038/s41586-020-2196-x). Er ist damit deutlich niedriger als der kritische Ct-Wert von circa 35, der auf eine unspezifische Amplifikation hinweisen würde. Bei einer 20-fachen Verdünnung, das heißt dem Poolen von zwanzig Proben, ist man jedenfalls auf der sicheren Seite.

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Mathematischer Balanceakt

Möglichst viele Proben in einen Pool aufzunehmen, mindert zunächst den Test-Aufwand, erfordert aber Nachtestungen von Einzelproben. Eine möglichst hohe Anzahl an Replikaten wiederum schafft Klarheit, benötigt aber von Anfang an eine höhere Anzahl an Tests. Der Balanceakt, ab wann sich das Pooling-Schema lohnt, ist eine rein mathematische Frage.

Brigitte König und ihre Mitarbeiter haben deshalb die frei zugängliche Software Clonepool programmiert, die alle möglichen Konstellationen ihrer eingesetzten Strategie durchspielt. Das Clonepool-Protokoll sieht vor, alle Replikate einer Einzelprobe per Zufall auf unter­schiedliche Pools zu verteilen. Zunächst identifiziert der Algorithmus alle Einzelproben, die in Pools mit Negativ-Ergebnis verkommen als negativ. Mit diesem Wissen erkennt er daraufhin alle eindeutigen Positiv-Proben. Dazu gehören Proben, die ausschließlich in Positiv-Pools vertreten sind oder in Pools vorkommen, deren sonstige Einzelproben allesamt bereits als negativ klassifiziert wurden. Übrig bleiben nur ein paar ungeklärte Kandidaten, die einzeln getestet werden müssen.

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Großtests im Zwanziger-Pool

Für die durchgespielten Szenarien ermittelt der Clonepool-Algorithmus die Anzahl an Proben, die rein statistisch pro Testreaktion abgeklärt werden können. Bei einer fünf­prozentigen Durch­seuchung bringt das eindimen­sionale Poolen im Zehner-Set beispielsweise eine 2,61-fache Effizienz­steigerung, die sich durch Zweier-Replikate um weitere 30 Prozent erhöhen lässt. Netto bedeutet das etwa fünf Einzelproben-Ergebnisse pro Testreaktion. Bei einer Durchseu­chungsrate von 1 Prozent, und Großtests in Zwanziger-Pools, sagt die In-silico-Simulation voraus, dass ein Test (ohne Replikate) die Zuordnung von knapp fünf Einzel­ergebnissen ermöglicht. Bei Zweier-Replikaten steigt der Wert auf 7,5 Einzel­ergebnisse pro eingesetztem Test und liegt damit noch eine Spur günstiger als Dreier-Replikate.

Das Leipziger Clonepool-Protokoll erinnert an die Screening-Strategie des in der Pflanzenzucht für die Mutations­analyse eingesetzten TILLING-Verfahrens (Targeting Induced Local Lesions in Genomes). Vom TILLING könnte man sich die praktischen Prinzipien für das dreidimen­sionale Poolen mit Dreier-Replikaten abschauen.

Andrea Pitzschke

Viehweger A. et al. (2020): Increased PCR screening capacity using a multi-replicate pooling scheme. medRxiv, DOI: 10.1101/2020.04.16.20067603

Foto: Pixabay/Belova59