Gleich und trotzdem ungleich

(25.06.2021) Aus unserer Reihe 'Anekdoten aus dem Forscherleben': Hat ein Paper mehrere gleichberechtigte Ko-Erstautoren, werden sie noch lange nicht gleich behandelt.
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Editorial

Es war ein tolles Paper. Drei Labors verschiedener Disziplinen hatten zu gleichen Teilen perfekt zusammengearbeitet, um am Ende eine ungewöhnlich runde und starke Geschichte zu erzählen.

Jedem, der das Paper las (und verstand), war sofort klar, dass die spektakulären Erkenntnisse allein durch die geschickte Kombination und Integration der verschiedenen Laborleistungen ermöglicht wurden. Ein Musterbeispiel des Mehrwerts multidisziplinärer Forschung also, dessen Resultate natürlich nur in solch einem umfassenden Paper adäquat beschrieben werden konnten.

Was jedoch bei der Festlegung der Autorenliste geschehen war, ließ sich nur erahnen. Die Namen dreier Postdocs – aus jedem Labor einer – standen in alphabetischer Reihenfolge vorne: Parker S, Smith A und Young A. Alle drei waren mit einem „*“ versehen, das anzeigte, dass sie zu gleichen Teilen zu der Studie beigetragen hätten. Die exakte Erklärung auf englisch: „*These authors contributed equally to this project and should be considered co-first authors.“

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Einer wird gewinnen

Wie es weiter ging, dürfte klar sein. In der Szene firmierte das Werk fortan nur noch als „Parker et al.“. Wirklich passend war das nicht, denn dieser hatte zwar die absolut essentiellen und anspruchsvollen Computeranalysen durchgeführt, aber nicht einen experimentellen Datenpunkt geliefert. Diese kamen vielmehr vom Molekularbiologen Smith und der Histologie-Spezialistin Young. Doch obwohl sie ja ausdrücklich als „Co-First Authors“ ausgegeben waren, assoziierten nur noch absolute Insider die beiden mit dem „Landmark-Paper“.

Logisch allerdings, dass „Smith et al.“ oder „Young et al.“ genauso unpassend gewesen wären. Dennoch stank das Smith irgendwann, und so drehte er in seiner Bewerbungs-CV die Reihenfolge der „Co-First Authors“ einfach zu seinen Gunsten um. „Nur legitim“, dachte er. „Ich bin schließlich offiziell gleichberechtigter Erstautor. Und a=b ist gleich b=a.“

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Kleineres Übel

Natürlich bekam er dafür ziemlich den Kopf gewaschen. Dennoch sind es letztlich Beispiele wie dieses, weswegen nicht wenige solche „Co-First Authorships“ lediglich für ein etwas kleineres Übel halten. Denn wie sorgfältig man zwei oder mehr Ko-Erstautoren auch als gleichberechtigt markiert – gleich behandelt werden sie deswegen noch lange nicht.

 

Ralf Neumann

(Illustr.: Laborjournal)

 

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Letzte Änderungen: 17.06.2021