Bis ins kleinste Detail

(23.08.2021) Wer sein Forschungsobjekt hoch- oder sogar ultrahoch aufgelöst betrachten möchte, kann sich ab Herbst beim neuen EMBL Imaging Centre melden.
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Editorial

Zugang erhalten externe sowie interne Wissen­schaftler aus Academia und Industrie auch zu Technologien, die noch nicht kommerziell verfügbar sind. Gegenwärtig durchläuft das EMBL Imaging Centre (EMBL IC) eine Pilotphase zur Optimierung von Workflows und Service­strukturen. „Ab Herbst wird es dann offen für Bewerbungen von Wissen­schaftlerinnen und Wissen­schaftlern aus aller Welt sein und die zugehörige Online­plattform freigeschalten“, so Judith Weber, Service-Managerin des EMBL IC. Mitarbeiter des Centers werden Projekte von der Proben­vorbereitung bis zur Bildanalyse unterstützen und maßgeschneiderte Schulungs­möglichkeiten anbieten.

Verfügbar sind beispielsweise die modernsten Cryo-Elektronen­mikroskope, Super-Resolution-Licht-Mikroskope und Light-Sheet-Mikroskope. Die vorhandenen Technologien können nicht nur einzeln, sondern auch kombiniert („korrelativ“) angewendet werden, um eine biologische Fragestellung auf verschiedenen Ebenen und aus verschiedenen Blickwinkeln zu untersuchen. Das ist bisher nur an wenigen Forschungs­einrichtungen weltweit möglich.

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Neue Methoden in kürzester Zeit

Außerdem werden EMBL-IC-Team, akademische Forschungs­gruppen und Industrie­partner gemeinsam an neuen Bildgebungs­methoden arbeiten. Um sie schneller verfügbar zu machen. „Oft dauert es mehrere Jahre bis eine neue Technologie nach ihrer Erfindung zugänglich für alle Wissen­schaftlerinnen und Wissen­schaftler ist. Ein wichtiger Impuls, den das EIC vermitteln möchte, ist diese Spanne zwischen Erfindung und breiter Verwendung in der Wissenschaft zu verkürzen“, sagt Stephanie Alexander, Programm-Managerin des EMBL IC.

Geleitet wird das EMBL IC von Jan Ellenberg, der auch Kopf der „Cell Biology & Biophysics Unit“ am EMBL ist. Simone Mattei ist für die Elektronen­mikroskopie zuständig. Mit seiner Gruppe entwickelt Mattei Methoden und Software für automatisierte Hochdurchsatz-Proben­herstellung und Hochdurchsatz-Screening für die Cryo-Elektronen­mikroskopie. Timo Zimmermann steht dem Team für fortgeschrittene Lichtmikroskopie vor.

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Vibrationsarmes Design

Die Bauzeit für das EMBL IC betrug etwas mehr als zwei Jahre. Das Highlight des Glasbaus ist die 6,5 m hohe, 28 m lange und 8 m breite Cryo-EM-Halle für bis zu vier hochsensible Elektronen-Mikroskope mit Tiefsttemperatur-Technik. Die Cryo-EM-Halle sowie zwölf weitere Mikroskop­räume liegen zusammen auf einer etwa 850 Quadratmeter großen Bodenplatte mit einer Dicke von 1,1 m. Sie sitzt auf 25 Betonplomben, die sich bis zu 4 m tief in den Hang graben. „Dieses Design ist notwendig, da so alle Vibrationen von außen und von angrenzenden Gebäudeteilen größtmöglich unterbunden werden, um schwingungs­reduzierte Messungen mit den Mikroskopen zu ermöglichen“, erläutert Alexander. Zudem wurden die besten Klima- und Druck-Kontroll­systeme in den Labor­räumen verbaut.

Die Kosten für das EIC werden gemeinsam vom EMBL, dem Bundes­forschungs­ministerium und dem Land Baden-Württemberg übernommen. Am Bau hat sich der örtliche Baustoff­konzern beteiligt. Die Anschaffung der Mikroskope wurde wiederum durch kommerzielle Partner ermöglicht. „Die laufenden Kosten nach der Inbetrieb­nahme werden großzügig durch die Boehringer Ingelheim Stiftung unterstützt“, ergänzt Alexander.

Regeln für die Nutzung

Um Zugang zum Center zu erhalten, müssen Wissenschaftler und Wissen­schaftlerinnen einen Projektplan vorlegen. Sie können sich entweder direkt an das EMBL-IC-Team wenden oder sich über beispielsweise iNext Discovery und Instruct-ERIC bewerben. Diese Konsortien möchten allen europäischen Forschern Zugang zu struktur­biologischen Forschungs­infrastrukturen ermöglichen und bieten den Interessenten auch finanzielle Unterstützung für die Nutzung des EMBL IC. „Die Projekt­anträge werden einer technischen und wissenschaftlichen Evaluierung durch interne und externe Experten unterzogen, auf deren Basis entschieden wird, ob ein Projekt akzeptiert oder abgelehnt wird“, berichtet die EMBL-IC-Programm-Managerin.

Kollaborationen mit EMBL-Wissen­schaftlern sind keine Voraussetzung für einen Zugang zum Center. Als Koautoren auf Publikationen müssen EMBL-Wissen­schaftler nur im Falle einer Kollaboration erwähnt werden. „Wir erwarten aber ein Acknowledgement im Paper, um unsere Service­leistung auch erfolgreich dokumentiert zu sehen“, so Service-Managerin Weber. Das Kostenmodell für die Nutzung des EMBL IC ist noch in Bearbeitung. Es wird sich an den am EMBL bereits bestehenden Regularien orientieren. Auswärtige können während der Nutzung im EMBL Guest House und EMBL Hotel unterkommen, soweit verfügbar.

„Wir freuen uns, ab Herbst Wissen­schaftler und Wissen­schaftlerinnen vor Ort im EIC empfangen zu können“, so Weber. Für die Benutzer des Centers gelten die aktuellen EMBL-Corona-Sicherheits­regelungen, die sich an denen des Bundes und denen des Landes Baden-Württemberg orientieren. Während der Corona-Pandemie versucht das EMBL IC, so viele Services wie möglich „remote“ anzubieten.

Bettina Dupont

Bild: Hugo Neves/EMBL Photolab


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