Editorial

Inhibitoren Cyclin-abhängiger Kinasen

von Ralf Neumann (Laborjournal-Ausgabe 08, 1996)


Möchte eine Zelle sich teilen, muß sie ihre Cyclin-abhängigen Kinasen (CDKs) fragen - eine nach der anderen. Und nur wenn sie diese schön sauber nacheinander aktivieren kann, rollt die Zelle reibungslos durch den Zellzyklus. Logisch, daß ein ganzes Netzwerk von Signalen die Phosphorylierungsaktivität der sieben Säuger-CDKs beeinflußt, Da sind einmal die 11 Cycline, von denen sie ihre Namen haben. Nur im Komplex mit einer dieser regulatorischen Protein-Untereinheiten kann eine CDK überhaupt pkosphorylieren. Dabei verhaften sich Cycline und CDKs alles andere als monogam: Ein Cyclin kann an verschiedene CDKs binden, und eine CDK verschiedene Cycline - je nach Konzentrationsverhältnis. Zum anderen zieht die Kinase-Untereinheit der CDKs wiederum selbst Kinasen an, die sie entweder aktivieren oder hemmen könnten - je nachdem, wo sie den CDKs die Phosphate anhängen.

Die Aktivität der CDKs zu zügeln, ist jedoch hauptsächlich Job CDK-hemmender Proteine (CKIs) - vor allem um zu verhindern, daß einzelne Prozesse des Zellzyklus starten, bevor andere seil sind. Auch sind sie es, die den Zellzyklus in Antwort auf antimitogene Substanzen einfrieren. Sieben CKls hat man bisher in Säugerzellen aufgespürt und ganz prosaisch nach deren Molekulargewichten benannt - p21 etwa, oder p16, Alle blockieren die Aktivität derjenigen CDKs, die die Zelle von der GI-Phase auf die S-Phase umprogrammieren und damit die DNA-Replikation einleiten.

So hält etwa p21 die G1-CDKs während der sogenannten G1-Checkpoint control fest an der Leine. In dieser Phase kontrolliert die Zelle, ob ihre DNA o.k. und zur Peplikation bereit ist. Solange jedoch von der DNA Schadensmeldungen kommen, hindert die Zelle über bestimmte Alarmsignale p21 daran, die G1-CDKs von der Leine zu lassen, und verbleibt in G1.

"Soll mich der Teufel holen, wenn nicht noch mehr hinter diesen CDK-Inhibitoren steckt", mußten viele Forscher denken. Es brauchte ja auch nur wenig Phantasie, um über zentrale Rollen der CKIs zu hypothetisieren bei so wichtigen Prozessen wie Entwicklung, Differenzierung, Zelltod oder Tumorentstehung. Ob diese Hypothesen jedoch mehr als heiße Luft sind, muß die Zukunft zeigen. Zwar exprimieren einzelne Zelltypen während ihrer Entwicklung CKls hochspezifisch , Auch findet man besonders viel p21 und p57 in teilungsuntätigen und enddifferenzierten Zellen, Ob CKls diese Prozesse jedoch aktiv steuern, oder deren Expression nur eine Folge unter vielen ist, weiß noch keiner.

Ganz attraktiv war, in den CKls Tumorsupressor-Proteine zu vermuten. Klar, wenn sie grundsätzlich Zellteilung verhindern können. Die Daten waren bisher jedoch ernüchternd. Kein einziges mutiertes CKI fanden Forscher bisher in menschlichen Tumoren, Nur einen Hinweis halten sie bislang in ihren Händen, In einigen Tumoren, vor allem beim erblichen Hautkrebs, ist die Region p21 des Chromosoms 9 deletiert, in der auch die Gene für die CKIs p15 und p16 liegen. Den Dämpfer lieferten indes p16-Kock-Out-Mäuse: Sie entwickelten keine spontanen Tumoren, waren allenfalls etwas anfälliger für Karzinogene.



Letzte Änderungen: 19.10.2004