Spielebesprechung

Juliet Merz

Editorial

Cytosis:
A Cell Biology Game
Genius Games (2017)
Sprache: Englisch,
Preis: 39,99 US-Dollar zuzüglich etwa 5 US-Dollar Versand
Editorial
Auf- und abgebaut

(08.12.2019) Die Zelle befindet sich im Synthese-Modus – und die Spieler sind mittendrin.

Eine Zelle verrichtet unzählig viele Aufgaben. Sie muss Energie produzieren, Proteine und Hormone bilden sowie Moleküle verstoffwechseln – um nur eine Handvoll ihrer Aufträge zu nennen. Im Brettspiel Cytosis von Genius Games schlüpfen die Spieler in die Rolle einer menschlichen Zelle und nehmen ihr ein paar dieser Aufgaben ab. Ziel ist es, sich mit erfolgreicher Synthese von Rezeptoren, Hormonen und Enzymen an die Spitze der Health-Points-Skala zu katapultieren.

Doch zu Beginn erwartet den ambitionierten Brettspiel-Liebhaber eine fünfzehnseitige Anleitung. Diese ist allerdings leicht verständlich formuliert und gibt klar bebildert die einzelnen Runden und Aktionen wieder. Schritt für Schritt leitet das Regelwerk durch das Spiel und erklärt detailliert, was es mit den Regionen auf dem Spielbrett auf sich hat und wie die unterschiedlichen Karten zu deuten sind.

Spaß bei der Synthese

Einzig ein Team aus nur zwei Spielern sei gewarnt: Lesen Sie die Anleitung wirklich bis zum Ende durch. Denn zum Schluss eröffnen sich die Zwei-Spieler-Regeländerungen, die leicht übersehen werden können, gerade wenn Sie beim ersten Anlauf die Anleitung parallel zum Spielablauf nutzen.

Cytosis bietet ein Arsenal unterschiedlichster liebevoll gestalteter Spielkomponenten, darunter Karten, Marker, Tokens oder Makromolekül-Würfelchen. Unübersichtlich wird das dennoch nicht, denn die Spielsteine sind entweder selbsterklärend, oder Sie finden die entsprechenden Beschreibungen direkt auf dem Spielbrett.

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Der polnische Künstler Tomasz Bogusz hat ganze Arbeit geleistet und das Spiel farbenfroh illustriert. Foto: Genius Games

Dieses zeigt vereinfacht das Innere einer tierischen Zelle mit den unterschiedlichen Zellorganellen. Innerhalb der jeweiligen Kompartimente können die Spieler Organell-typische Aktionen ausführen, etwa bei den Mitochondrien Kohlenhydrate in ATP umwandeln oder im rauen ER mRNA in Proteine überführen.

Im Laufe des Spiels erhalten die Spieler sogenannte Zellkomponenten-Karten, das können Enzyme wie etwa die Ligase sein, aber auch Peptid- und Steroidhormone sowie ihre dazugehörigen Rezeptoren. Jeder Spieler, der eine dieser Karten auf der Hand hat, muss zusehen, dass diese synthetisiert und damit abgelegt werden kann. Alles dafür Notwendige steht auf den Karten selbst. Bei erfolgreicher Abwicklung erhalten die Spieler die begehrten Health Points.

Um etwa ein Peptidhormon zu synthetisieren, muss der Spieler über mehrere Runden sein Vesikel vom rauen ER aus über den Golgi-Apparat bis zur Membran führen. Um das Peptidhormon schlussendlich abzugeben, braucht der Spieler neben zwei ATP-Token auch noch vier Makromoleküle. Bei Cytosis beschränken sich diese auf mRNAs, Proteine, Kohlenhydrate und Lipide in Form von unterschiedlich farbigen kleinen Holzwürfelchen. Für das Peptidhormon braucht der Spieler drei Protein- sowie ein Kohlenhydrat-Würfelchen.

Was zunächst einfach klingt, verlangt den Spielern dennoch ein bisschen Hirnschmalz ab. Denn wie auch in der Zelle ist die Synthese unterschiedlicher Moleküle alles andere als einfach. Der Spieler muss für die Synthese der jeweiligen Zellkomponenten den Syntheseort sowie die notwendigen Makromoleküle im Blick behalten.

Besondere Event- sowie Ziel-Karten nehmen dem Spiel die Monotonie und sorgen bei der Schlussabrechnung der Health Points für die eine oder andere Wendung. Wer also im Laufe des Spiels auf der Health-Points-Skala ganz vorne steht, muss nicht zwangsläufig gewinnen.

Insgesamt dauert das Spiel (ohne Studium der Spielanleitung) sechzig bis neunzig Minuten. Außerdem haben zwei bis fünf Spieler auf dem Spielbrett Platz. Die Entwickler empfehlen das Spiel ab zehn Jahren – das könnte in Anbetracht der vielfältigen Spielzüge jedoch etwas verfrüht sein.

Spielsteine mit Suchtpotenzial

Cytosis stammt aus der Feder des US-amerikanischen Spieleentwicklers John Coveyou und einer Armee wissenschaftlicher Berater, die dafür gesorgt haben, dass die einzelnen Züge den tatsächlichen Prozessen in der Zelle sehr nahe kommen. Das Spiel macht viel Spaß, ist ausreichend komplex, um nicht langweilig zu werden und für Überraschungen zu sorgen, sowie nicht zu kompliziert, sodass das Spiel schon nach ein paar Übungsrunden flüssig läuft. Die Spieler müssen in jeder Spielphase untereinander um begehrte Karten oder Plätze im Zellinneren kämpfen, wodurch eine spannende Dynamik entsteht, ohne zu frustrieren. Aber vorsicht: Das Platzieren und Einsammeln der Spielsteine birgt regelrechtes Suchtpotenzial.



Letzte Änderungen: 08.12.2019