Editorial

Ordnung muss sein

Biobanking Software

Michael Hallensleben, Murielle Verboom, Frauke Rohdenburg


Wo ist denn nur diese verflixte Probe abgeblieben? Das Probendokumentationsprogramm ordoSYSTEM weiß es bestimmt.

Die Verwaltung von Proben und Reagenzien gehört zu den wichtigsten aber auch meist gehassten Aufgaben im Labor. In der Regel reichen Zettel oder Notizbuch nicht aus, um den Verbleib der Proben zu organisieren. Das ist kein Problem, denken dann viele, schmeissen ihren Computer an und legen mit Excel & Co. los. Aber macht das wirklich Sinn? Bei genauerer Betrachtung zeigt sich rasch, dass an ein Probenmanagementsystem weitaus höhere Anforderungen gestellt werden und einfache Excel-Tabellen dazu nicht geeignet sind.

Grundvorraussetzung für eine funktionierende Probendokumentation ist eine sichere Identifizierung. Dazu genügt es nicht, das Datum einer Versuchsreihe, die Konzentration einer DNA oder den eigenen Namen auf das Probengefäß zu schreiben. Obwohl man derartige, meist mit Hieroglyphen beschriftete Proben, noch immer in vielen Laboren antrifft, sollte es mittlerweile allgemeine Praxis sein, Proben mit einer kurzen und eindeutigen Identifikation zu versehen, häufig einer Kombination aus Zahlen und Buchstaben. Diesen Identifikationscode dokumentiert man dann mit den zugehörigen gewünschten Informationen in einem Laborbuch oder auch elektronisch.

Eindeutigkeit

Eine weitere wichtige Vorraussetzung ist die Eindeutigkeit der Identifizierung. Allzu leicht kann es sonst passieren, dass zum Beispiel die eigene Probe mit der Nummer 120121.1 (JJMMTT.Fortlaufende Tagesnummer) auf einmal neben drei anderen mit der gleichen Nummer im Kühlschrank steht. Insbesondere bei der Zusammenarbeit mehrerer Forschungsgruppen ist die Erstellung eines sogenannten Primärschlüssels, der eine Probe eindeutig einer Forschungseinheit zuordnet, ohne ein zentralisiertes Softwaresystem nicht zu realisieren. Nachdem man eine Probe mit einer eindeutigen Identifizierung versehen hat, muss man ihr beliebig viele Eigenschaften hinzufügen können, die man bei Bedarf zu jedem Zeitpunkt erweitern kann. Eine kombinierte Suchfunktion über alle verfügbaren Probeneigenschaften ist deshalb unabdingbar.

Eine Sondersituation ist die Aliquotierung von Proben, bei der das Probenmanagement die wichtige Aufgabe der Eigenschafts-Vererbung übernimmt. Die Strukturierung der definierten Eigenschaften in Form einer normalisierten relationalen Datenstruktur ermöglicht es, eine Probeneigenschaft in nur einem einzigen Schritt für eine unbegrenzte Anzahl von Aliquots zu modifizieren. Unabhängig davon muss es möglich sein, die Historie jeder einzelnen Probe nach der Aliquotierung separat zu dokumentieren.

Von besonderem Interesse ist auch die Dokumentation des Proben-Lagerorts. Das Lagerungsmanagement-Programm muss dabei zwei wichtige Bedingungen erfüllen. Zunächst müssen alle Lagerungsprozesse dokumentierbar sein, um den Weg der Proben eindeutig rückverfolgen zu können. Das System muss die Lagerung zudem sehr einfach und schnell abbilden, damit es von Benutzern ausreichend akzeptiert wird. Auch ein simultaner dezentraler Zugriff auf das Dokumentationssystem durch eine unbegrenzte Anzahl von Benutzern ist eine Grundanforderung an jedes Probenmanagementsystem.

Sichere Datenbank

Probensammlungen stellen einen hohen wissenschaftlichen und materiellen Wert dar, der geschützt werden muss. Das Probenmanagementsystem sollte dementsprechend auf einer einfach zu sichernden Datenbankstruktur aufbauen. Darüber hinaus muss es die Proben vor einem unberechtigten virtuellen Zugriff schützen.

Diesen umfangreichen Anforderungen an eine Probenverwaltung sind einfache Excel-Dokumente nicht gewachsen. Wir verwenden deshalb am Institut für Transfusionsmedizin der Medizinischen Hochschule-Hannover, das Biobanking-Management-System ordoSYSTEM, das die oben genannten Kriterien erfüllt und dazu noch einfach zu bedienen, flexibel und preiswert ist. ordoSYSTEM ist eine Client-Server-Anwendung, die in der Programmiersprache JAVA erstellt wurde und deshalb uneingeschränkt auf jedem Computer eingesetzt werden kann.

Bestehendes nutzen

Für eine einfache und sichere Daten­haltung speichert man alle Daten in einem relationalen Datenbanksystem, dazu sind prinzipiell alle üblichen Datenbanken (MySQL, MSSQL, Oracle usw.) geeignet. Da diese Systeme nahezu überall zur Standard-EDV-Struktur gehören, kann man auf die jeweils vorhandenen Ressourcen zurückgreifen. Dies spart Kosten und reduziert den administrativen Aufwand erheblich.

Aber auch für kleinere Einrichtungen und Forschungsgruppen ohne EDV-Administration ist die Anwendung geeignet. Heutige Datenbankserver, etwa MySQL, sind kein Hexenwerk mehr und können von jedem Anwender eingerichtet werden. Das eigentliche Programm wird auf einem beliebigen Rechner abgelegt, auf den jeder Nutzer Zugriff hat. Durch einen einfachen Link ist es dann auf jedem erforderlichen Rechner ohne zusätzlichen administrativen Aufwand verfügbar.

ordoSYSTEM kann für jede Probenart, zum Beispiel eine Zell-Linie, eine eigene Kategorie anlegen. In jeder Probenkategorie lassen sich dann unbegrenzt Eigenschaften für diese Probenart definieren. Dabei ist man nicht auf die Verwaltung von biologischen Proben beschränkt, genauso einfach lassen sich Reagenzien und sonstige Materialien organisieren. Die Suche nach Proben über alle verfügbaren Eigenschaften ist einfach, intuitiv und übersichtlich. Ein weiterer Vorteil von ordoSYSTEM ist die flexible Darstellung der Lagerressourcen. Mit wenigen Klicks kann sich der Benutzer sein individuelles Labor mit allen Räumlichkeiten, Kühlschränken, Boxen, Ständern usw., in Form eines Explorer-Baums zusammenstellen. Eine grafische Anzeige veranschaulicht, wie viel Lagerkapazität in einem gewählten Lagerort vorhanden ist. Mit einfachen Drag-and-Drop-Funktionen lassen sich die Depots verschieben oder neu sortieren.

Nichts entgeht

Besonders detailliert ist die automatische Dokumentation. So wird jede Registrierung einer Probe, jede Änderung einer Eigenschaft, jede Ein-, Um- oder Auslagerung vollautomatisch mit Namen des Benutzers, Uhrzeit und Ort im System hinterlegt. Dies hat sich insbesondere bei der Ursachenklärung von Kontaminationen bewährt, weil man jederzeit nachvollziehen kann, wo und zu welchem Zeitpunkt eine Probe eingelagert war.

Bereits in der Standardversion ermöglicht das Programm einen einfach zu bedienenden Export von Daten in Form einer csv-Datei. Diese kann dann komfortabel mit Excel weiterverarbeitet werden. Darüber hinaus kann man sich auch maßgeschneiderte Exporte erstellen lassen. So kann man beispielsweise von ordoSYSTEM ausgegebene automatisierte Berichte als E-mail versenden oder kundenspezifische Reports erstellen. Praktisch ist auch die Option, die Anzeige und virtuelle Benutzung jeder Laborstruktur, beginnend von einem Raum bis hin zu einem einzelnen Tube, für verschiedene Benutzer und Benutzergruppen zu administrieren.

Viele Labore mit hohem Automationsgrad haben bereits Softwaresysteme zur Steuerung von Laborabläufen (LIMS) oder zur Robotersteuerung installiert. Mit einer Fernzugriffs-Option lassen sich mit ordoSYSTEM online Lagerorte und Positionen von Proben abfragen. Da der Zugriff über die Technologie XML-RPC gesteuert wird, ist sowohl ein Zugriff von Fremdsystemen als auch eine internetbasierte Abfrage von Proben möglich. Das Programm lässt sich damit reibungslos in Prozessstraßen integrieren.

Barcoding geeignet

2D-Barcodes sind mittlerweile fester Bestandteil unseres täglichen Lebens, sei es beim Bahnfahren, im Kino oder als App. Leider sind sie trotz ihrer vielen Vorteile häufig nur in hochautomatisierten Laboren­ vorhanden. Hier stellen sie den Benutzer oftmals vor das Problem, dass durch die 2D-Codierung die Identifikation einer Probe bereits vorgegeben ist. Mit dem Zusatzprogramm matrixSYSTEM, das jedoch nicht in der Standardversion verfügbar ist, kann man auch in diesem Fall eine eigene Probenidentifikation festlegen, die ordoSystem erkennt.






Letzte Änderungen: 05.09.2012