Editorial

PCR in Wassertröpfchen

Spezial: Empfindlicher als die qPCR

Interview: Andrea Pitzschke


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Barbara Lieder ist Postdoc am Institut für Physiologische Chemie der Universität Wien und untersucht dort den Einfluss des Pfeffer-Aromastoffs trans-Pellitorin auf die Entwicklung von Fettzellen. Dazu setzt sie auch die digitale PCR ein. Im Interview mit Laborjournal erklärt sie, welche Vorteile die digitale PCR gegenüber der qPCR hat.

Laborjournal: Seit wann und wofür verwenden Sie die digitale PCR?

Barbara Lieder » Wir haben seit 2013 ein digitales Droplet PCR-System der Firma Bio-Rad in Betrieb (basierend auf einer Wasser-Öl-Emulsion). Wir nutzen das System vor allem zum Nachweis schwach exprimierter Gene und kleinerer Unterschiede in der ­Genexpression. Das war auch mit ein ausschlaggebender Punkt zur Anschaffung des Systems. Gerade kleinere Unterschiede können wesentlich verlässlicher nachgewiesen werden, da die Primer-Effizienzen und Referenzgene das Ergebnis nicht so stark beeinflussen, wie das bei der Real-Time-PCR der Fall ist. Beispielsweise haben wir die Rolle von bestimmten mikroRNAs in der Entwicklung von Fettzellen (Adipogenese) untersucht, die durch Schärfestoffe aus Chili reguliert werden kann. Mit der Real-Time-PCR sind wir dabei an die Nachweisgrenzen gestoßen. Grundsätzlich sind die Kosten allerdings immer noch höher als bei der Real-Time-PCR, vor allem da häufig mehr Etablierungsarbeit notwendig ist. Daher setzen wir das System zur Beantwortung spezieller Fragestellungen ein, aber nicht für Screenigs oder Ähnliches.

Haben Sie ein eigenes Emulsions-Rezept, oder verwenden Sie einen Klassiker (Mineralöl, Tegosoft?)

Lieder » Wir verwenden ausschließlich ein Produkt von Bio-Rad, das auf unser System optimiert ist.

Muss man sich beim Pipettieren der ePCR beeilen, beziehungsweise sollte man das Öl besser portionsweise aliquotieren? Schließlich verursacht doch Sauerstoff die Lipidoxidation, die, einmal entfacht, unter den heißen PCR-Bedingungen fortschreiten und so Fettstruktur und Emulsions-Stabilität beeinträchtigen könnte?

Lieder » Wir arbeiten im 96-Well-Format. Wir vermischen immer acht PCR-Ansätze mit dem Öl und erzeugen die Droplets, dann wird mit der Mehrkanalpipette auf die Platte pipettiert. Die Platte wird komplett befüllt, bevor die PCR startet. Davor werden die Proben jedoch nicht erhitzt, das Pipettieren kann durch Verwendung einer Hot-Start-Polymerase bei Raumtemperatur erfolgen. Auf Eis zu pipettieren würde vermutlich auch die Viskosität des Öls verändern. Grundsätzlich sollte man aber das Öl nicht länger als eine halbe Stunde offen lassen, da es verdunsten kann. Die fertigen Droplets können auch noch ein paar Stunden im Kühlschrank aufbewahrt werden, bevor man sie auszählt.

Das Pipettieren mit dem Öl erfordert in der Tat ein wenig Übung, auch das Pipettieren der Droplets, um diese nicht durch Scherkräfte in ihrer Form zu beeinträchtigen. Wenn man beispielsweise zu schnell pipettiert, oder zu kleine Spitzen verwendet, kann es Probleme beim Auslesen der Droplets geben. Zudem muss man sehr vorsichtig mit der Auswahl der Spitzen sein. Bei manchen Herstellern ist die Oberfläche nicht „glatt“ genug, feinste Strukturen zerstören die Droplets oder beeinträchtigen sie in ihrer Form.

Für manche Lebensmittel- und Gewebeanalyse könnte der endogene Fettgehalt mitunter vorteilhaft sein. Ist es berechtigt oder ­naiv anzunehmen, dass die ursprüngliche Probe das nötige Öl für die Emulsions-PCR mitliefern kann?

Lieder » Dass das endogene Fett die geeignete Viskosität und das richtige Verhältnis zu Wasser mitbringt, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Auch im Sinne der Reproduzierbarkeit und Vergleichbarkeit zwischen unterschiedlichen Proben wäre ich damit vorsichtig, selbst wenn die ersten Punkte erfüllt werden.

Kann man dieselben Primer wie für die qPCR verwenden? Diese sind ja schließlich fluoreszenzmarkiert. Was gibt es dabei zu beachten?

Lieder » In unserem System ist es möglich, dieselben Primer zu verwenden, da zum Beispiel die Möglichkeit besteht, interkalierende Farbstoffe zur Detektion zu verwenden. Ein markierter Primer ist nicht notwendig. Allerdings erfordert es schon eine gewisse Arbeit, bis das System etabliert ist. Die Konzentrationen von cDNA und Primer, sowie die Annealing-Temperaturen die in der Real-Time-PCR eingesetzt werden, können nicht immer eins zu eins übertragen werden.

Verwenden Sie eine besondere Polymerase, oder eine konventionelle, die für gängige PCRs eingesetzt wird? Würden Sie zum Beispiel zu Hot-Start-Polymerase raten?

Lieder » Wir haben tatsächlich bisher ausschließlich mit Hot-Start-Polymerase gearbeitet. Ich vermute, dass das Arbeiten auf Eis die Viskosität des Öls beeinflussen würde.

Wie steht es mit der Effizienz? Wieviele Zyklen sind zur Amplifikation einer gewünschten Menge nötig?

Lieder » Da eine Endpunkt-PCR durchgeführt wird, ist die ­Effizienz nur entscheidend, wenn eine starke Inhibierung der PCR, zum Beispiel durch Inhibitoren aus dem Probenmaterial stattfindet und am Ende weniger Produkt vorliegt. Die Zyklenzahl haben wir daher, im Gegensatz zu Primer- und Template-Konzentration, beibehalten. Grundsätzlich sollte für die Droplet-Qualität die Anzahl der Zyklen 55 nicht übersteigen. 40 Zyklen sollte bei einem optimierten Assay ausreichen. Die Anpassung der PCR-Produktmenge haben wir über die Template-Menge und Annealing-Temperatur reguliert. Dies ist allerdings sehr entscheidend, da für die Auswertung ein genügend hoher Anteil an negativen Droplets vorliegen muss. Die Unabhängigkeit von Primer-Effizienzen ist ein wesentlicher Vorteil der dPCR gegenüber Real-Time-Systemen.

Sie verwenden ein Gerät, das die Emulsions-PCR an einer Art Durchflusszytometer zur Messung „vorbeischickt“. Muss der Kanal für die Probenpassage aufwändig von Fettrückständen gereinigt werden? Wird automatisch gespült?

Lieder » Bei unserem System gibt es ein Spülprogramm, das wir am Ende der Messung laufen lassen, das geht sehr schnell. Bisher haben wir keine Probleme mit Rückständen.

Obwohl die dPCR schon vor vielen Jahren entwickelt wurde und verschiedene Anbieter die Geräte vertreiben, hat sie sich nie so recht durchgesetzt. Viele haben (bestenfalls) von dieser Technologie gehört, nutzen sie aber nicht. Woran könnte das liegen?

Lieder » Ja, ich dachte auch, dass sich diese Technik noch stärker durchsetzen würde. Ich denke, dass viele Labore schon vor längerer Zeit in Real-Time-PCR-Systeme investiert haben. Die Anschaffung eines weiteren Gerätes, das im Endeffekt auch „nur“ zur Beantwortung der prinzipiell ähnlichen Fragestellungen herangezogen werden kann, hat mit Sicherheit nicht immer oberste Priorität.

Neben den Anschaffungskosten für das Gerät kommen natürlich noch Materialkosten hinzu, die auch nicht zu unterschätzen sind. Zudem dauert eine dPCR mit einer 96-Well-Platte deutlich länger, etwa fünf Stunden. Für einige Fragestellungen ist die digitale PCR jedoch deutlich überlegen – und wenn man die Möglichkeit hat, würde ich die Nutzung durchaus empfehlen. Wir haben das Gerät auch schon öfter „verliehen“ das heißt, andere Gruppen messen bei uns, da dPCR-Systeme tatsächlich nicht sonderlich verbreitet sind.

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Der Aromastoff trans-Pellitorin aus schwarzem Pfeffer löst nicht nur ein prickelndes Gefühl im Mund aus. Offensichtlich moduliert er auch die Aktivität von Kationenkanälen, die vermutlich über mikroRNAs die Entwicklung von Adipocyten beeinflussen. Die nur in winzigen Mengen vorhandenen miRNAs lassen sich mit der digitalen PCR nachweisen.
Foto: Indian Institute of Science



Letzte Änderungen: 03.03.2018