Editorial

Sichtbare Zellmechanik - Brillouin-Mikroskopie

Mario Rembold


(07.02.2022) In den letzten Jahren rückte die Zellmechanik mehr und mehr in den Fokus der biomedizinischen Forschung. Inzwischen existieren Mikroskope, die Elastizität, Viskosität und Steifheit von Zellen berührungsfrei visualisieren.

Höchstauflösende Mikroskope, die mithilfe von ausgeklügelten Fluoreszenzmarkern und physikalischen Tricks die Beugungsgrenze von 200 Nanometern überwinden, sind aus den Biowissenschaften nicht mehr wegzudenken. Inzwischen kann man mit ihnen einzelne Proteine in Proteinkomplexen sichtbar machen. Weitestgehend blind ist die Mikroskopie hingegen für die mechanischen Eigenschaften von Zellen und Geweben. Hier sind die gängigen Methoden im wahrsten Sinne des Wortes noch ziemlich grob: Die Zellproben werden meist abgetastet oder angesaugt, um ihre Verformbarkeit zu messen.

Eine neue Variante der Brillouin-Mikroskopie macht jedoch auch die mechanischen Merkmale in Zellen und Organismen sichtbar – berührungsfrei und ohne Markierungen durch transgene Reporter oder Farbstoffe. An ihr arbeitet die Gruppe des Optischen Experimentalphysikers Robert Prevedel am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg. „Wir sind hier am EMBL sehr nah an der Biologie“, nennt Prevedel einen großen Vorteil, den sein Team gegenüber anderen Physikern habe. Zwar entstünden in vielen Physiklaboren neue Techniken, es fehle den Entwicklern manchmal aber der Kontakt zu den Anwendern. Man müsse schließlich auch zeigen, dass eine Bildgebungsmethode für biologische Fragen einen praktischen Nutzen hat und brauche dazu den direkten Austausch.

261a
Das Prinzip der Brillouin-Mikroskopie ist nicht neu, für die Visualisierung der Zellmechanik wird die Technik aber erst seit wenigen Jahren eingesetzt. Illustration: Robert Prevedel

Altbekannter Effekt

Das Interesse an der Biomechanik ist derzeit groß, und mit der Brillouin-Mikroskopie existiert jetzt auch eine alltagstaugliche Methode diesem nachzugehen. „Die Brillouin-Streuung ist schon vor hundert Jahren vorhergesagt worden“, blickt Prevedel zurück in die 1920er-Jahre. Benannt wurde der Effekt nach dem französischstämmigen Physiker Léon Brillouin. „Über die Brillouin-Streuung kann man mechanische Eigenschaften eines Materials auslesen“, fährt Prevedel fort und veranschaulicht den Effekt mit Tennisbällen: Stellt man sich Photonen als Tennisbälle vor, so weist ein einzelner Ball ein bestimmtes Energieniveau auf – je schneller er sich bewegt, desto energiereicher ist er. Analog dazu entspricht der Energiegehalt eines Photons seiner Frequenz beziehungsweise der mit dieser verbundenen Wellenlänge.

In der klassischen Lichtmikroskopie haben wir es vor allem mit der sogenannten Rayleigh-Streuung zu tun. Diese lenkt Licht je nach Wellenlänge zwar unterschiedlich stark ab, die einzelnen Photonen behalten jedoch ihre Energie bei. Das entspricht dem elastischen Stoß eines Tennisballs, der gegen eine Wand fliegt, abprallt und mit gleicher Geschwindigkeit wieder zurückkommt (natürlich gibt es solch einen idealen elastischen Stoß in der echten makroskopischen Welt der Tennisbälle nicht).

Bei der Brillouin-Streuung interagieren die Photonen jedoch inelastisch mit dem Medium und kommen mit etwas mehr oder weniger Energie zurück. Der Grund dafür ist, dass Materie in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur sowie mechanischen Eigenschaften charakteristisch schwingt: So als würde sich die Wand, gegen die der Tennisball stößt, gleichförmig vor und wieder zurückbewegen. Prevedel kommt zurück auf die Ball-Analogie: „Trifft der Tennisball die Wand, während sie sich wegbewegt, kommt er langsamer zurück und trägt weniger Energie. Kommt die Wand dem Ball aber entgegen, trägt er beim Zurückspringen mehr Energie.“

In diesem Fall geht es also nicht um zufällige Bewegungen einzelner Atome, sondern um Schallwellen auf sehr kleinen Skalen. Der Heidelberger Physiker spricht von kollektiven Materieschwingungen, die man auch als Phononen bezeichnet – in Anlehnung an die Photonen der Lichtwellen. Modellhaft und etwas abstrakter kann man sich vorstellen, dass ein Phonon mit einem Photon interagiert und entweder ein wenig Energie abgibt oder aufnimmt.

Winziger Energieaustausch

„Diese Materieschwingungen hängen sehr stark davon ab, welche elastischen oder viskoelastischen Eigenschaften das Material hat“, erläutert Prevedel. „Was wir mithilfe der Brillouin-Streuung messen, ist letztlich die Schallgeschwindigkeit im Material.“ Der Energieaustausch, der durch die Photonen-Phononen-Wechselwirkung entsteht, ist extrem gering. Im Vergleich zur Rayleigh-Streuung machen die Brillouin-gestreuten Photonen nur rund ein Billionstel des zurückgeworfenen Lichts aus. In einem Review gehen Prevedel und Kollegen auf viele technische Hintergründe des Effekts sowie die Herausforderungen für die Brillouin-Mikroskopie ein (Nat. Methods 16(10): 969-77).

Man benötigt für die Brillouin-Mikroskopie einen Laser, der Licht einer definierten Wellenlänge kohärent auf das untersuchte Material wirft. Die Instrumente sind meist als Konfokal-Mikroskope realisiert: Der Laser scannt die Probe Punkt für Punkt, anschließend wird das zurückgestreute Licht analysiert. Fast die gesamte Photonenausbeute bildet einen großen Peak im Frequenzspektrum, welcher der ursprünglichen Laserfarbe entspricht. Bei einer etwas höheren sowie einer etwas niedereren Frequenz liegt jeweils ein schwächerer Peak der Brillouin-Streuung – ausgelöst durch die mit dem Energieaustausch einhergehende Verschiebung zu höheren oder niederen Frequenzen, die als Stokes- beziehungsweise Anti-Stokes-Peaks bezeichnet werden. Der Betrag dieses Frequenz-Shifts hängt von den mechanischen Eigenschaften des gemessenen Materials ab.

Frequenzverschiebung

„Die Wechselwirkung ist sehr schwach und führt nur zu einem sehr kleinen Energieaustausch. In Wellenlängen geht das fast auf Femtometer runter“, spricht Prevedel die Herausforderung an, den Shift auch erkennen und quantifizieren zu können. Als Frequenz ausgedrückt macht sich das Brillouin-Spektrum in Größenordnungen zwischen einem und zwanzig Gigahertz Verschiebung zur Hauptfrequenz bemerkbar. Stellt man sich das sichtbare Licht in einer Größenordnung von 500 Terahertz vor, so sind das Frequenzabweichungen von einem Hunderttausendstel. Und diese einzelnen Shifts müssen sich auch noch untereinander unterscheiden lassen, um nicht nur den Brillouin-Effekt als solchen zu erfassen, sondern auch die individuellen mechanischen Charakteristika eines Materials in der Auswertung zu erkennen.

Prinzipiell lässt sich der Laser auch in der Brillouin-Mikroskopie bis zur Auflösungsgrenze von 200 Nanometern fokussieren. Die Schallwellen dehnen sich aber über größere Bereiche aus. Mechanische Karten sehen daher verwaschener aus als Aufnahmen mit dem Fluoreszenzmikroskop. „Die mechanische Auflösung liegt bei etwa einem bis drei Mikrometern“, erklärt Prevedel. In die Tiefe eines Säugetiergewebes gelange man bis auf etwa 50 bis 100 Mikrometer. Danach überwiegen andere Streueffekte, und das Brillouin-Spektrum lässt sich nicht mehr erfassen – „es sei denn, man hat es mit einem besonders transparenten Organismus zu tun“.

Die Brillouin-Streuung erinnert an die Raman-Streuung, bei der ebenfalls zusätzliche Frequenzen in den eingefangenen Photonen auftauchen. „Mit Raman erfassen Sie aber Molekülschwingungen, das spielt sich auf einer anderen räumlichen und zeitlichen Ebene ab“, erklärt Prevedel. Über das Raman-Spektrum erkennt man die chemische Zusammensetzung eines Mediums, die Brillouin-Streuung hingegen kommt durch das Zusammenspiel des gesamten Materials zustande. „Sie können auch beide Methoden kombinieren und mit demselben Laser Brillouin- und Raman-Wechselwirkungen induzieren und die Eigenschaften beider Anteile aus dem Spektrum herauslesen“, ergänzt er.

Bis man den Brillouin-Effekt in der Materialforschung einsetzen konnte, musste zunächst der Laser erfunden werden. Seitdem aber sei das Verfahren in der Festkörperphysik gängig, blickt Prevedel auf die Geschichte zurück. „Das ist eine Standardmethode, aber Sie brauchen eben sehr viele Photonen, die alle dieselbe Frequenz haben.“ Um die Peaks und die winzigen Frequenzverschiebungen aus dem Hintergrund heraus zu erkennen, hat man die Proben oft stundenlang mit einem Laser bestrahlt und das Spektrum aufgezeichnet. „Mit einem Kristall können sie so etwas zehn Stunden lang über Nacht machen und haben dann eine sehr exakte Messung, aber mit einer lebenden Probe geht das natürlich nicht“, verweist Prevedel auf das Problem der Phototoxizität.

In den 1990er-Jahren hat sich die Detektion verbessert. Es wurden sogenannte Virtually Imaged Phased Arrays (VIPAs) entwickelt, die die Frequenzen des eingefangenen Lichts viel genauer auflösen. 2007 stellten Giuliano Scarcelli und Seok Hyun Yun von der Harvard Medical School das erste Brillouin-Mikroskop vor (Nat. Photonics 2: 39-43). Seitdem arbeitet eine noch recht kleine, aber stetig wachsende Community daran, die Methode zu verbessern. Prevedel sieht die Brillouin-Mikroskopie seit 2015 auf dem Vormarsch. Ab da hätte die Weiterentwicklung richtig Fahrt aufgenommen.

261b
Robert Prevedel im Labor am Heidelberger EMBL. Der ziemlich wilde Aufbau auf dem optischen Tisch hinter Prevedel ist das Brillouin-Mikroskop. Foto: EMBL

Noch etwas langsam

Aktuell arbeitet Prevedel daran, das Scannen der Probe zu beschleunigen. „In der konfokalen Fluoreszenzmikroskopie bekommt man sehr viele Photonen, und da reicht es, eine Millisekunde lang auf einem Punkt zu bleiben. Weil die Brillouin-Wechselwirkung aber so schwach ist, brauchen wir ungefähr einhundertmal länger pro Punkt. Die Mikroskope sind dadurch ein bisschen langsamer.“ Da ein Laser aber phototoxische Effekte auslöst, und in lebenden Zellen manchmal auch sehr schnelle Prozesse stattfinden, testet das Team derzeit Ansätze, die kürzere Scannzeiten erlauben. Und da, so verrät Prevedel, komme man inzwischen schon eindeutig näher an die Fluoreszenzmikroskopie heran.

Im Gegensatz zum Bioimaging mit Fluoreszenzmarkern braucht man für die Brillouin-Mikroskopie keinerlei Labels. Außerdem macht sie Aspekte sichtbar, die erst in den vergangenen Jahren mehr und mehr in den Fokus der Biowissenschaften rückten: Wie verändern sich Steifigkeit und Viskosität von Zellverbänden zum Beispiel während der Embryonalentwicklung?

„Alle Forscher interessieren sich für den genetischen Code und die dadurch vorherbestimmten Signalketten“, schaut Prevedel auf die letzten Jahrzehnte der Molekularbiologie zurück. Diese Erkenntnisse hat man sich etwa beim Einbau von Fluoreszenzreportern für die Mikroskopie zunutze gemacht, mit denen man zum Beispiel die Aktivität von Genen sichtbar machen kann. Damit es aber zu einer Bewegung und Veränderung in Zellverbänden kommt, müssen am Ende auch Kräfte wirken. „Für mich als Physiker ist klar, dass die biophysikalischen Eigenschaften von Zellen und Geweben eine wichtige Rolle spielen“, so Prevedel. „Wie die Kräfte dann wirken, hängt sehr stark von den mechanischen Eigenschaften ab.“

Sucht man auf der Videoplattform seines Vertrauens nach Zeitraffer-Aufnahmen sich entwickelnder Embryonen, so sieht man nicht nur Zellteilungen, sondern auch komplexe Invaginationen ganzer Zellverbände, Oberflächen falten sich oder stülpen sich aus. Die „mechanische“ Karte eines Embryos würde also ganz andere Strukturen hervorheben als der lichtmikroskopische Blick.

2021 hat Prevedel zusammen mit Chii Jou Chan und Carlo Bevilacqua Brillouin-Aufnahmen von der Entwicklung eines Mausfollikels veröffentlicht (Commun. Biol. 4(1): 1133). Die drei erstellten mechanische Karten von Follikeln während unterschiedlicher Stadien in Maus-Ovarien, deren verschiedene Farben auf höhere oder geringere Steifigkeit oder Viskosität schließen lassen.

Prevedel hofft, dass solche Erkenntnisse helfen, irgendwann auch mechanische Modelle der Embryonalentwicklung ableiten zu können. Er betont aber, dass derzeit noch viel Forschungsbedarf bestehe, um Brillouin-Aufnahmen korrekt interpretieren und biologisch einordnen zu können. Unter Biomechanikern gebe es aktuell noch eine gewisse Skepsis zu dieser recht neuen Methode.

Bislang gilt die Rasterkraftmikroskopie beziehungsweise Atomic-Force-Mikroskopie (AFM) als Goldstandard, um Zellmechanik zu messen. Bei AFM-Geräten ist eine Nadel auf einem Ausleger (Cantilever) befestigt. Die nanometerfeine Nadelspitze legt sich auf die Probe und verformt hierdurch eine mechanische Feder mehr oder weniger stark, je nachdem wie fest das Material ist, auf dem sie liegt. Das ausgeklügelte System tastet die Probe also wortwörtlich ab und konstruiert auf diese Weise eine mechanische Karte. Es kommt zu einem physischen Kontakt und einer Krafteinwirkung zwischen der Mess-Sonde und der Probe.

Berührungsfrei

Bei der Brillouin-Mikroskopie trifft dagegen nur Licht auf die Probe, sie wird nicht mechanisch manipuliert. „Ich sage, das ist ein Vorteil“, argumentiert Prevedel. Denn schließlich kann man auf diese Weise auch tagelang einen Embryo unter die Lupe nehmen, ohne ihn durch Berührung womöglich zu beeinträchtigen. Lediglich die Phototoxizität ist ein kritischer Parameter, den man beachten und kontrollieren muss. „Über die Brillouin-Streuung messen wir den sogenannten longitudinalen Modulus“, erklärt Prevedel weiter. Mit diesem werden aber nur Schwingungen entlang einer einzigen Achse erfasst – nämlich entlang der Achse, über die der Laser auf die Probe trifft. „Die meisten Biomechaniker orientieren sich dagegen am Young‘s Modulus [Elastizitätsmodul oder auch Youngsches Modul]“, fährt Prevedel fort.

Diese Kenngröße erhält man zum Beispiel mithilfe eines AFM, bei dem sich die Messung nicht auf eine einzige Achse beschränkt. Zwar berührt auch der Cantilever die Probe nur von oben, aber: „Man drückt dabei über mehrere Millisekunden bis Sekunden, und die Materie kann sich in dieser Zeit in alle Richtungen verformen.“ Das berührungsfreie und schonende Abscannen der Probe im Brillouin-Mikroskop ist also zugleich zentraler Diskussionspunkt darüber, wie vergleichbar das Verfahren mit anderen mechanometrischen Techniken ist.

Auch die Zeitskala der Messung ist in der Brillouin-Mikroskopie ganz anders, denn die Brillouin-Streuung ist viel schneller, als sich eine Zelle im AFM verformt. Vergleichbar mit AFM sind Mikropipetten, die an der Probe saugen und damit eine Kraft ausüben. Auch hier wirken sich die Kräfte nach den Regeln des Young‘s Modulus aus. Nun könne man zwar davon ausgehen, dass biologische Gewebe wahrscheinlich in alle Richtungen gleich organisiert sind, also isotrop – aber das müsse, so Prevedel, eben auch gezeigt werden. „Die meisten Modelle in der Biomechanik basieren bisher auf dem Young‘s Modulus, und deshalb sagen uns viele Forscher: Wir können mit euren Ergebnissen in unseren Modellen wenig anfangen.“

Zunehmende Akzeptanz

Das sei aber normal für neue Methoden, blickt Prevedel gelassen in die Zukunft und ist zuversichtlich, dass die Brillouin-Mikroskopie in den nächsten fünf bis zehn Jahren unter Biologen und Biophysikern immer selbstverständlicher wird.

Im oben genannten Review gehen Prevedel und Co. tiefer auf die Problematik ein, diese unterschiedlichen Mechanik-Konzepte unter einen Hut zu bringen. So hängt die Interpretation des Brillouin-Spektrums auch von der Dichte des Materials und seinem Brechungsindex ab. Diese lassen sich aber nicht so ohne weiteres in einer biologischen Probe ermitteln. Hätte man diese Daten sowie zusätzlich noch die jeweilige sogenannte Poissonzahl, könnte man Young‘s Modulus und longitudinalen Modulus auch ineinander umrechnen.

Es braucht also noch Studien, die die unterschiedlichen Methoden vergleichen. „Das ist eine der häufigsten Fragen, die uns Reviewer stellen: Ob wir unsere Ergebnisse mit anderen Methoden validiert haben, zum Beispiel mit der AFM?“, berichtet Prevedel hierzu. Einige Zusammenhänge zwischen Brillouin-Spektrum und der Zellbiologie sind aber schon herausgearbeitet worden. Zum Beispiel entstehen charakteristische Shifts, die auf eine Aktin-Polymerisation und Verzweigungen von Aktin-Fasern hindeuten. Aktinreiches Cytoplasma auf einer festen Matrix zeigt höhere Brillouin-Verschiebungen.

Messung mit Minisäulen

Stefano Coppola et al. vermaßen vor drei Jahren Fibroblasten-Zellen mechanisch und kombinierten die Brillouin-Methode mit der direkten mechanischen Messung über sogenannte Micropillars. Bei der Micropillar-Traction-Force-Messung werden Zellen auf einer Oberfläche fixiert, die mit kleinen beweglichen Säulchen versehen ist. Je nach Kraft verformen sich die Säulchen mehr oder weniger stark, was man lichtmikroskopisch erfassen kann. Die Autoren berichten über einen deutlich erhöhten Brillouin-Shift am Zellkern und um Aktin-Stressfasern herum. Außerdem war in Regionen, in denen mehr Kraft auf die Micropillars wirkt, auch der Brillouin-Shift größer (Biomed. Opt. Express 10(5): 2202-12).

Grundsätzlich ist es experimentell herausfordernd, Messungen des Young‘s Modulus zusammen mit Brillouin an ein und derselben Probe durchzuführen. In der klinischen Forschung sehe man das pragmatischer. Da sei es wichtiger, dass bestimmte Messdaten mit einem Krankheitsbild assoziiert sind oder nicht, und ob die Messmethode leicht anwendbar ist. „In einzelnen Augenkliniken in den USA gibt es schon Brillouin-Mikroskope, um die Mechanik der Hornhaut zu vermessen“, nennt Prevedel ein Beispiel. Außerdem erwähnt er die Krebsdiagnostik als mögliches Anwendungsgebiet. „Die Früherkennung setzt ja darauf, dass man mechanische Veränderungen im Gewebe ertastet. Aber dann ist der Tumor ja schon millimetergroß“, so Prevedel über den Nachteil derzeit gängiger Vorsorgeuntersuchungen. Er kann sich vorstellen, dass man zum Beispiel über endoskopische Verfahren auch kleine Zellverbände schon als Tumor überführen könnte, wenn man die Brillouin-Mikroskopie dafür einsetzt.

Eigene Geräte für den Markt entwickeln, möchte Prevedel derzeit aber nicht. „Was bei uns steht, sind alles Unikate. Unsere Gruppe ist daran interessiert, die Technik zu verbessern und weiterzuentwickeln. Die Kommerzialisierung können andere Gruppen besser.“