Editorial

Geschüttelt oder gerührt?
Produktübersicht: Schüttler, Rührer und Mixer

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Martini

James Bond drinkt seinen Wodka Martini am liebsten geschüttelt. Auch viele Zellen fühlen sich wohler, wenn sie im Kulturmedium geschüttelt und nicht gerührt werden.

Sie drehen sich im Kreis, rotieren über Kopf, wippen hin und her, taumeln, vibrieren oder hüpfen auf und ab. Schüttler und Rührer sind wahre Bewegungskünstler.

Angeblich trinkt James Bond seinen Wodka Martini „geschüttelt, nicht gerührt“, weil dann die Moleküle, die für den Geschmack verantwortlich sind, nicht gleichmäßig in dem Drink verteilt sind, sondern sich näher an der Oberfläche sammeln. Der erste Schluck bringt dadurch schon den vollen Genuss – und zu weiteren hat 007 selten Zeit. Meint zumindest Metin Tolan, Experimentalphysiker und Lehrstuhlinhaber an der TU Dortmund, der in seinen Vorträgen mit einem Augenzwinkern die physikalischen Phänomene erklärt, die in alten und neuen James Bond-Filmen zu sehen sind.

Aber auch im biowissenschaftlichen Labor kann es durchaus einen Unterschied machen, ob man Flüssigkeiten, Puffer, Medien oder Suspensions-Kulturen rührt, schüttelt oder nur sanft schwenkt. Entsprechend groß ist das Arsenal an Schüttlern, Rührern und Mixern, das Lebenswissenschaftler für ihre tägliche Routinearbeiten einsetzen.

Kreisender Magnet

Das mit Abstand am häufigsten in Biolaboren anzutreffende Rührgerät ist der Magnetrührer, der in wenigen Jahren seinen hundertsten Geburtstag feiert. Magnet­rührer wurden zwar erst in den fünfziger Jahren populär, aber schon 1917 ließ sich der Amerikaner Richard Stringham den ersten Magnetrührer patentieren. Der Antrieb des Stringhamschen Magnet­rührers durch einen stationären, in eine Heizplatte eingebauten Elektromagneten, war erstaunlich modern. Sein Nachteil war jedoch der Stabmagnet aus Eisen, der sich am Boden des Reaktionsgefäßes drehte. Dass ein Rührstab aus reaktionsfreudigem Eisen nicht gerade ideal ist, um chemische Reaktionen zu durchmischen, war auch den Chemikern zur damaligen Zeit schon klar. Es dauerte jedoch bis in die vierziger Jahre, ehe ein schottischer und ein amerikanischer Tüftler unabhängig voneinander einen inerten Rührstab präsentierten. Dessen magnetischer Eisenkern war mit Glas, Plastik oder Porzellan ummantelt. Angetrieben wurde der Rührfisch durch einen Magneten, der sich in der Rührplatte drehte.

Auf diesen beiden Prinzipien – einem stationären Elektromagneten der ein Magnetfeld induziert oder einem motor­angetriebenen, sich im Kreis drehenden Magneten – basieren auch moderne Magnetrührer. Sie sind jedoch mittlerweile mit allerlei Zusatzfunktionen versehen, etwa einem elektronischen Kontakt-Thermometer, das die Temperatur der Heizplatte präzise regelt. Und natürlich dürfen auch die üblichen Anschlussmöglichkeiten an einen PC über eine USB- oder RS232-Schnittstelle in den Edelgeräten der Hersteller nicht fehlen. Wer nur kleine Volumina unter einem Liter rühren will, findet bereits für weniger als 100 € Kleinstmagnetrührer, die ihre Antriebsenergie aus Akkus ziehen. Wer mit dem Magnetrührer zeigen will, dass seine Gruppe nicht zu den armen Kirchenmäusen gehört, kann aber auch locker 3000 € für einen elektronisch geregelten Mehrplattenmagnetrührer mit allem Schnick-Schnack ausgeben.

Diverse Rührpropeller

Überkopf-Rührwerke, die für das Mischen großer Volumina oder viskoser Flüssigkeiten konzipiert sind, sieht man in biowissenschaftlichen Laboren seltener. Ihr Aufbau ist einfach und ähnelt dem einer Ständerbohrmaschine. Ein Elektromotor, der über eine Klemmvorrichtung an einem Stativ fixiert ist, treibt über ein Getriebe eine Rührwelle an, die in ein Bohrfutter eingespannt ist. Je nach Größe und Stärke des Motors durchpflügt der am Ende der Rührwelle sitzende Propeller-, Flächen-, Turbinen-, oder Ankerrührer auch die ­zähesten Lösungen mit konstanter Drehzahl. Aufgefallen ist dem LJ-Reporter, dass praktisch an allen Rührwerken noch altertümliche Spannfutter angebracht sind, die man mit einem Spannfutterschlüssel schließt und öffnet. Werkzeuglose Schnellspannfutter, die selbst bei Null-Acht-Fünfzehn Bohrmaschinen aus dem Baumarkt längst Stand der Technik sind, erhält man meist nur als Extra gegen Aufpreis.

Für jeden etwas

Auch in vielen großen und kleinen Bioreaktoren für die Kultivierung von Suspensionszellen drehen sich Rührpropeller und durchmischen die im Medium schwimmenden Zellen. Die Zellkultur ist ansonsten jedoch die große Domäne der Schüttler. Vom kleinen Minischüttler für Mikrotiterplattenkulturen bis zum mehrstöckigen, mannshohen Schüttelturm für ganze Batterien von Erlenmeyerkolben, gibt es für nahezu jedes Zellkulturgefäß und jede Ansatzgröße einen passenden Schüttler. In Zellkulturlaboren sind dies zumeist Orbitalschüttler, die eine kreisförmige, planare Schüttelbewegung ausführen. Die kreisende Bewegung entsteht durch eine vom Schüttelmotor angetriebene Exzenterwelle, auf der die Schüttelplattform sitzt. Je nach Exzentrizität der Welle beschreiben Orbitalschüttler einen größeren oder kleineren Kreisbogen. Üblich sind Kreis- beziehungsweise Schütteldurchmesser von 12,5, 25 oder 50 Millimetern. Den Einfluss des Schütteldurchmessers auf die Zellkulturen sollte man nicht unterschätzen. Je größer er ist, desto höher ist zum Beispiel die Sauerstofftransportrate in die Zellsuspension.

Aber nicht nur der Schütteldurchmesser sondern auch die Art der Schüttelbewegung und die Wahl zwischen Rühren und Schütteln, beeinflussen das Zellwachstum. Zellen sind nicht besonders „happy“ wenn sie ständig gegen die Schikanen eines Erlenmeyerkolbens prallen, den ein Orbitalschüttler mit vollen Touren im Kreis herum jagt. Genauso wenig mögen sie es von einem Rührpropeller permanent einen Schlag versetzt zu bekommen.

Beides vermeidet eine von Ingenieuren der amerikanischen Firma Resodyn vor wenigen Jahren entwickelte Schütteltechnik, die sich Resonant Acoustic Mixing (RAM) nennt. Diese hat jedoch nichts mit der Mischung von Lösungen mittels Ultraschall zu tun. Sie ähnelt eher dem in Tiefton-Lautsprechern (Subwoofern) verwendeten Prinzip zur Erzeugung von niederfrequenten Schallwellen, die unsere Ohren als knackige Bässe wahrnehmen.

Tanzende Erlenmeyerkolben

In einem Subwoofer versetzt eine stromdurchflossene Spule eine Lautsprecher-Membran in Schwingung. Diese überträgt die Schwingungsenergie an die Luft vor der Membran, die sie schließlich als Schallwellen an das Ohr des Hörers transportiert. Im RAM-Schüttler wird die Schwingung, die wie bei einem Subwoofer bei etwa 60 Hz liegt, von einer in vertikaler Richtung oszillierenden und auf Metallfedern gelagerten Schüttelplattform erzeugt.

Besserer Sauerstofftransport

Der Trick dabei ist, dass das mechanische System aus Federn, Plattform und den darauf befindlichen mit dem Schüttelgut gefüllten Erlenmeyerkolben in Resonanz ist. Hierdurch wird die Schwingungsenergie ohne Verluste direkt als Schüttelenergie in die Flüssigkeit in den Erlenmeyerkolben überführt.

In der Praxis sieht dies so aus, dass die Lösungen in den Gefäßen wie verrückt im Takt der vibrierenden Plattform auf und ab hüpfen und so gründlich durchmischt werden. Ein spezieller Verschluss sorgt dafür, dass sie dabei nicht aus dem Kolben heraus spritzen.

Nach Angaben der Hersteller-Firma, ist die Sauerstofftransportrate beim RAM-Schütteln wesentlich höher als beim klassischen Orbital-Schütteln. Ob auch ein Wodka Martini besser schmeckt, wenn er im RAM-Schüttler gemischt wurde, müsste man mit einem entsprechenden Experiment herausfinden können. Die dazu nötigen RAM-Geräte sowie viele weitere Schüttler, Rührer und Mixer finden Sie auf den nächsten Seiten.

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(Erstveröffentlichung: H. Zähringer, Laborjournal 06/2013, Stand: Mai 2013, alle Angaben ohne Gewähr)


Service des Webmasters: Das originale Wodka-Martini-Rezept:
  1. Eiswürfel - die kommen nachher nicht in Glas
  2. 3 Maß Gordons (Bombay Sapphire geht auch)
  3. 1 Maß Wodka (ganz edel: Der aus Getreide gebrannte)
  4. 1/2 Maß Kina Lillet
  5. So lange Schütteln bis es eiskalt ist.
  6. Mit langem Stück Limonenschale in Chamagner-Kelch.

Es wird übrigens diskutiert, ob man statt Kina Lillet, nicht den weniger bitteren einfachen Lillet nehmen sollte. Das Ganze wird dadurch kompliziert, dass Kina Lillet gar nicht mehr hergestellt wird. Als Alternative für den Kina Lillet bietet sich an: 1-2 Maß Vermouth und 1-2 Dash Angostura. Und vielleicht finden Sie in der Chemikalien-Sammlung ja noch ein wenig Chinin.




Letzte Änderungen: 11.06.2013