Editorial

Spektraler Entmischer
Produktübersicht: Mikroplatten-Reader

Alle Produkte im Überblick pdficon

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Mit dem SUPR-Reader lassen sich die einzelnen Spektren von ­Fluoreszenzprotein-Paaren bei der FRET-Analyse entmischen.

Mikroplatten-Reader sind schon von Haus aus sehr vielseitig. Und mit etwas Geschick lassen sich einzelne Instrumente sogar an die Bedürfnisse von Photobiologen anpassen.

All zu viel Neues hat sich seit der letzten Produktübersicht zu Mikroplatten-Readern in Laborjournal 6/2014 bei kommerziellen Geräten nicht getan. Auch die besten Ingenieure können das Mikroplatten-Reader-Rad nicht immerfort neu erfinden. So werkeln sie im Wesentlichen an Verfeinerungen der bewährten Instrumente und versuchen durch Verbesserungen von optischen Filtern, Monochromatoren, Lasern, Photomultipliern, CCD-Detektoren, Glasfaserkabeln, dichroitischen Spiegeln, etc. das Maximum an Empfindlichkeit, Signalstärke oder Messumfang aus den Readern herauszuholen.

Interessanter ist, was sich derzeit abseits ausgetretener Pfade in den Laboren einiger Forscher tut. Die einen modifizieren ihre Reader zum Beispiel für spezielle Anwendungen. Andere tüfteln an neuartigen Verfahren für die Aufnahme von Fluoreszenspektren für präzise FRET-Experimente.

Getunter Reader

Ein schönes Beispiel für einen umgemodelten Mikroplatten-Reader kommt von der Gruppe des Photobiologen Andreas Möglich vom Institut für Biologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Möglich untersucht mit seinen Mitarbeitern sensorische Photorezeptoren und will unter anderem herausfinden, wie die Absorption von Photonen durch die Rezeptoren im Detail funktioniert. Für die entsprechenden Experimente benötigte sein Team ein Hochdurchsatz-geeignetes Instrument, das die Photorezeptoren in schneller Folge beleuchtet und deren Reaktion misst.

Der Gedanke, hierzu einen Mikroplatten-Reader einzusetzen, liegt durchaus nahe, scheitert bei konventionellen Geräten aber zumeist an zwei entscheidenden Punkten: Mit den üblichen Readern ist es nicht möglich, einzelne Wells der Platte mit einem exakt vorgegebenen Beleuchtungsprogramm zu illuminieren. Hinzu kommt, dass die Lichtquellen von Mikroplatten-Readern in der Regel zu schwach sind. Die in den Wells ankommende Lichtintensität reicht nicht aus, um die Lichtsensoren der untersuchten Photorezeptoren in kurzen Zeitintervallen zu aktivieren.

Was also tun? Möglichs Mitarbeitern fiel eine verblüffend einfache Lösung dieses Problems ein: Sie besorgten sich zunächst einen Mikroplatten-Reader, der mit einem Injektionsmodul ausgestattet ist. Eigentlich ist dieses dafür vorgesehen, Probenflüssigkeiten zu definierten Zeitpunkten eines Messprotokolls in einzelne Wells zu injizieren.

Das Modul besteht aus einem dünnen Metallzylinder mit zwei integrierten Injektionsdüsen, der in einem kleinen Loch im Gehäusedeckel des Geräts steckt. Eine elektronische Steuerung positioniert die einzelnen Wells der Mikrotiterplatte, in die eine Flüssigkeit abgegeben werden soll, zum gewünschten Zeitpunkt exakt unter dieser Öffnung.

Die Berliner Forscher entfernten eine der Injektionsdüsen aus dem Zylinder und führten stattdessen ein lichtleitendes Glasfaserkabel ein, das sie an eine Lichtquelle mit verschiedenfarbigen LEDs anschlossen. Die ursprüngliche elektronische Regelung des Injektionsmoduls kaperte die Gruppe mit einem Microcontroller, den sie sich von der Open-Source-Elektronik-Plattform Arduino organisierte.

Statt Flüssigkeiten „injiziert“ der aufgerüstete Mikroplatten-Reader hierdurch Licht in ausgewählte Näpfchen der Platte. Genau genommen kann er sowohl Flüssigkeiten als auch Licht injizieren – Möglichs Mitarbeiter waren clever genug, die noch verbliebene zweite Injektionsdüse des Moduls an die Pumpe des Readers anzuschließen. Wie die Gruppe ihr getuntes Instrument für Messungen von Photorezeptoren einsetzt, erklärt sie ausführlich in einem 2015 erschienen Paper (Photochem Photobiol Sci, 14, 270-79).

Lichtinjektion

Das Konzept eines sogenannten Spectral-Unmixing-Mikroplatten-Readers (SUPR) stellten Ende letzten Jahres die beiden amerikanischen Wissenschaftler David Thomas und Gregory Gillispie vor (SLAS Discovery: 1-12).

Der schematische Aufbau des Readers, den die beiden in ihrem Paper zeigen, sieht nicht besonders spektakulär aus und ähnelt dem üblicher Mikroplatten-Reader: Der Strahl eines Lasers fällt zunächst auf einen dichroitischen Spiegel, der ihn senkrecht umlenkt und auf einen weiteren Spiegel wirft. Von diesem trifft der erneut senkrecht gespiegelte Laserstrahl von oben auf die Wells der Mikrotiterplatte.

Das von den Proben emittierte Fluoreszenzlicht nimmt bis zum dichroitischen Spiegel den umgekehrten Weg. In dieser Richtung passieren ihn die Lichtstrahlen jedoch und landen auf einem Emissions-Spiegel der einen Teil des Strahlenbündels passieren lässt. Eine Photomultiplierröhre (PMT) fängt diesen auf, wandelt das Lichtsignal in ein elektrisches Signal um und übergibt es zur Auswertung an eine Digitalisierungseinheit (Digitizer). Der restliche Teil fällt in einem eingebauten ­Spektrometer auf einen sogenannten ­Linearen Array-CCD-Detektor. Ähnliche Detektoren verwenden Ingenieure unter anderem auch in Barcode-Scannern als Lichtsensoren.

Das ist im Grunde alles nichts Besonderes – ähnliche Bauteile finden sich in jedem gewöhnlichen Spektrophotometer oder Mikroplatten-Reader. Das Instrument von Thomas und Gillispie kann jedoch etwas, was übliche Mikroplatten-Reader nicht können: Über den CCD-Detektor-Kanal nimmt es das vollständige Emissionsspektrum (Stärke der Fluoreszenz bei einer bestimmten Wellenlänge) auf – und zwar sehr schnell und äußerst präzise.

Gleichzeitig erfasst es mit dem Photomultiplier-Digitizer-Kanal das zeitliche Abklingverhalten der Fluoreszenz (Stärke der Fluoreszenz zu einer bestimmten Zeit). Das Gerät ist deshalb geradezu prädestiniert für Fluoreszenz-Resonanz-Energie-Transfer oder kurz FRET-Analysen.

Die Gruppe des Muskelspezialisten Thomas setzte den SUPR-Reader zum Beispiel für FRET-Analysen der Ca-ATPase (SERCA) ein. Dieses integrale Membranprotein nutzt die Energie aus der ATP-Hydrolyse um Calcium-Ionen in das sarkoplasmatische Reticulum zu pumpen, wodurch sich der Muskel entspannt. Der Pumpvorgang geht mit großräumigen Bewegungen der cytoplasmatischen SERCA-Domäne einher.

Künstliche SERCA­Inhibitoren wie Thapsigargin oder das natürliche SERCA-Regelprotein Phospholamban binden an diese Domäne und blockieren hierdurch die Bewegung, inklusive der Pumpfunktion von SERCA. Wie dies im Detail funktioniert, untersuchten die Mitarbeiter von Thomas und Gillispie mit dem SUPR-Reader sowie einer äußerst cleveren FRET-Strategie.

Aufgedröselte Fluoreszenzspektren

Hierzu hängten sie zunächst ein Grün- (GFP) sowie ein Rot-fluoreszierendes (RFP)-Molekül an die cytoplasmatische SERCA-Domäne. GFP fungiert bei diesem zweifarbigen-SERCA-Konstrukt (2CS) als FRET-Donor, RFP ist der FRET-Akzeptor. Bewegt sich die Domäne, ändert sich der Abstand zwischen GFP sowie RFP und damit auch die Stärke des FRET-Signals – bei kleinerem Abstand ist es stärker, bei größerem schwächer.

Das ist an sich noch nichts Besonderes. Interessant ist, wie Thomas und Gillispie die Stärke des FRET-Signals bestimmen: Sie zerlegten das von 2CS stammende Gesamt-Fluoreszensignal in die einzelnen von GFP sowie RFP stammenden Komponenten (unmixing spectroscopy), die sie jeweils quantifizierten. Die hieraus erhaltenen Werte setzten sie schließlich in eine der üblichen physikalischen Formeln zur Berechnung der FRET-Stärke ein.

Ohne die Zugabe eines Inhibitors lag die FRET-Effizienz für das Test-Paar GFP-RFP bei knapp 14 Prozent. Bei dem für FRET-Experimente gängigeren Duo aus Cyan- und Gelb-fluoreszierendem Protein erreichte sie über 40 Prozent. Gleichzeitig bestimmte das Team um Thomas und Gillispie mit den FRET-Experimenten auch verschiedene Inhibitor-Konstanten (KI). Diese stimmen weitgehend mit KI-Werten überein, die Forscher mit anderen Analysemethoden erzielt hatten. Im Gegensatz zur FRET-Analyse mit dem SUPR-Reader sind diese aber weitaus zeitaufwendiger und nicht für den Hochdurchsatz geeignet.

Inzwischen haben die zwei US-Forscher jeweils eigene Firmen gegründet, um den SUPR-Reader zu Geld zu machen. Ob daraus etwas wird, muss man natürlich abwarten. Dennoch könnte sich ein genauerer Blick in ihr Paper für Forscher lohnen, die vergleichbare FRET-Experimente planen oder bereits durchführen.

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(Erstveröffentlichung: H. Zähringer, Laborjournal 01/2017, Stand: Januar 2017, alle Angaben ohne Gewähr)




Letzte Änderungen: 06.02.2017