Editorial

Clevere Köpfe
Produktübersicht: Automatische Nukleinsäure-Extraktionssyteme

Alle Produkte im Überblick pdficon


Foto: Penn State University

In immer mehr Laboren hört man das Surren von Pipettierköpfen, die in DNA-Extraktions-Robotern hin und her flitzen, um dem Laborpersonal die zeitfressende Nukleinsäure-Extraktion abzunehmen. Wer sich die teuren Geräte nicht leisten kann, muss sich jedoch nicht grämen. Für wenig Geld lässt sich ein 3D-Drucker in einen Automaten für die Isolierung von Nukleinsäuren umbauen.

Automatische Nukleinsäure-Extraktionssysteme sind in klinischen Diagnostiklaboren im Dauereinsatz, um die für PCR-basierte Diagnostik-Verfahren nötigen Nukleinsäuren aus Patientenproben oder pathogenen Keimen herauszuholen. Aber auch in vielen akademischen Forschungslaboren übernehmen die Geräte die lästige DNA- oder RNA-Extraktion, etwa bei den zahlreichen im Labor eingesetzten PCR-abhängigen Methoden.

Simpler Aufbau

Nukleinsäure-Extraktoren sind ganz ähnlich aufgebaut wie übliche Liquid Handler. Die wesentlichen Komponenten sind ein PipettierArm, ein Pipettier-Kopf sowie ein Arbeitstisch. Der Pipettier-Arm gleitet an einem Achssystem über dem Arbeitstisch entlang und kann definierte Positionen in der xy-Ebene ansteuern. Auf dem Arm sitzt der Pipettier-Kopf, der sich in der z-Achse auf und ab bewegt.

Je nach Größe und Auslegung des Instruments finden auf dem Arbeitstisch verschiedene automatengängige Mikrotiterplatten sowie zusätzliche Komponenten Platz, wie zum Beispiel Wascheinheiten oder Schüttler.

Was die mechanischen Bauteile sowie die Steuerung anbelangt, sind Nukleinsäure-Extraktoren relativ schlichte Geräte. Das entscheidende Know-how steckt in den Pipettier-Köpfen – und das lassen sich die Herstellerfirmen fürstlich bezahlen. Zwischen 10.000 und 100.000 Euro muss man berappen, wenn man die Nase von der drögen manuellen Nukleinsäure-Extraktion voll hat und sich einen Extraktions-Apparat anschaffen will.

Bis auf wenige Ausnahmen nutzen ­diese magnetische Beads für die Isolierung der Nukleinsäuren. Das Prinzip der magnetischen Minikügelchen ist genauso simpel wie ­clever und hat sich seit Jahren in der manuellen wie automatischen Nukleinsäure-Extraktion bewährt: Kleine magnetische Partikel, etwa aus dem Eisenoxid Magnetit, werden mit einer Oberfläche überzogen, die Nukleinsäuren bindet. Die Beschichtung besteht zumeist aus Silica, Glas oder vernetzten Polyvinylalkoholen und ist häufig mit zusätzlichen chemischen Gruppen funktionalisiert, etwa mit Oligo(dT) für die Isolation von mRNA.

Der Extraktionsprozess selbst läuft immer nach dem gleichen Schema ab: Lyse der Zellen, Binden der Nukleinsäuren an die Oberfläche der Beads, Wwaschen der magnetisch fixierten Bead-Nukleinsäure-Komplexe in den Reaktionsgefäßen oder Pipettenspitzen – und zu guter Letzt, die Elution der Nukleinsäuren von den festgehaltenen Beads.

Verschiedene Lösungen

Für die Automation der magnetischen Fixierung haben sich die Hersteller der Extraktions-Geräte recht unterschiedliche Konstruktionen einfallen lassen. Im einfachsten Fall bauen sie einen plattenförmigen Permanentmagneten ein, der sich den Pipettenspitzen des Pipettierkopfs annähert, sobald die magnetischen Beads während der Waschschritte sowie der Elution in den Spitzen gehalten werden sollen.

Diese Technik ist zwar einfach umzusetzen, hat aber Schwächen. So werden die von dem ­Permanent­magneten ­zurückgehaltenen Komplexe aus Beads, Nukleinsäuren sowie anhaftenden Verunreinigungen während des Waschens nicht gründlich resuspendiert. Unerwünschte Substanzen, wie zum Beispiel Proteine, können hierdurch in den Komplexen eingeschlossen bleiben und werden nicht entfernt.


3D-Drucker haben alles, was man für einen Nukleinsäure-Extraktions-Automaten braucht: ein präzises Achssystem, einen Kopf, der magnetische Stäbe aufnimmt, einen Arbeitstisch, auf dem man Mikrotiterplatten und andere Reaktionsgefäße fixieren kann, sowie last but not least eine programmierbare Steuerung. Entsprechend einfach ist der Umbau vom 3D-Drucker zum Nukleinsäure-Extraktor. Foto: AI Bioscience

Rotierende Stäbe

Um dies zu verhindern, entwickelten trickreiche Ingenieure einen Nukleinsäure-Extraktor mit elektromagnetischer Spule und einem Pipettierkopf mit dünnen Metallstäben. Die in austauschbaren Plastikhülsen steckenden Stäbe tauchen durch die kreisförmige Spulenöffnung in die Reaktionsgefäße ein, die auf einem Drehteller unter der Spule angeordnet sind. Fließt Strom durch die Spule, werden insbesondere die Spitzen der Stäbe magnetisiert. Die Beads haften an den Stabspitzen und werden für die Waschschritte in neue Gefäße übertragen. Dort angekommen wird die Stromzufuhr der Spule unterbrochen, wodurch sich die Beads von den Spitzen lösen. Gleichzeitig fangen die Stäbe an sanft zu rotieren und resuspendieren die Komplexe aus Beads und Nukleinsäuren wie kleine Rührwerke. Für die Elution der Nukleinsäuren wird der Elektromagnet wieder eingeschaltet, die Stäbe heben sich aus den Waschgefäßen und tauchen schließlich in der Elutionslösung ein, die die Nukleinsäuren von den festgehaltenen Beads ablöst.

Einfache Umrüstung

Falls Ihrer Gruppe das nötige Kleingeld für diesen cleveren Nukleinsäure-Extraktor fehlt, können Sie ein ganz ähnlich funktionierendes Gerät auch mithilfe eines 3D-Druckers selbst zusammenbasteln. Nein, der Extraktor samt Stab-Kopf und Drehkarussell wird nicht einfach mit dem 3D-Drucker gedruckt. So weit ist die Drucktechnik dann doch noch nicht. Aber man kann tatsächlich einen billigen Allerwelts-3D-Drucker in einen brauchbaren Nukleinsäure-Extraktor umfunktionieren. Wie das geht, beschreibt eine Gruppe von Wissenschaftlern der Johns Hopkins University und des texanischen Start-ups AI Bioscience in einem im letzten Jahr erschienenen PLoS-ONE-Paper (11 (6): e0158502).

Was zunächst etwas verrückt klingt, ist bei näherer Betrachtung alles andere als abwegig: Ähnlich wie Nukleinsäure-Extraktionsgeräte haben auch 3D-Drucker einen Kopf, der über ein Achssystem sehr präzise und schnell vorgegebene Positionen auf einer Arbeitsfläche ansteuert.

Mit sehr einfachen Mitteln modelte die amerikanische Gruppe den Druckkopf, der ursprünglich geschmolzenes Plastik an definierten Positionen verteilt, in einen Kopf mit magnetischen Stäben für die Nukleinsäure-Extraktion mit Beads um. Dazu entfernte sie die Extrusionsdüse und tauschte sie gegen das Außenteil einer laborüblichen zehn Milliliter Plastikspritze.

Umfunktionierter Druckkopf

Über ein gängiges Luer-Lock-System montierten die Forscher einen mit dem 3D-Drucker hergestellten Plastikbalken an die Spitze der Spritze. An der Balkenunterseite befestigten sie zwölf magnetische Metallstäbe, die sie durch austauschbare, eng anliegende Plastikhülsen aus 0,1 ml PCR-Tubes vor dem direkten Kontakt mit den Extraktionslösungen schützten – schon war der selbsthergestellte Extraktionskopf mit Magnetstäben fertig.

Als Reaktionsgefäße nutzten die Amerikaner Mikrotiterplatten mit bereits vorgelegten Extraktionslösungen, die sie auf der Arbeitsfläche fixierten. Damit sich der selbstgebastelte Stab-Kopf an die korrekten Positionen der Wells bewegte, mussten sie nur noch das Steuerprogramm des 3D-Druckers hacken und entsprechend anpassen.

Als besonderen Clou baute die Gruppe bei den Waschschritten, mithilfe der entsprechenden Programmierung, eine kurze Schüttelphase ein, um die Reinigung der Bead-Nukleinsäure-Komplexe zu verbessern. Da die Arbeitsfläche in 3D-Druckern, wie auch im Fall des hier verwendeten Druckers, meist beheizbar ist, lässt sich auch die für die Elution übliche Erhöhung der Temperatur ganz einfach einstellen.

Und als ob das noch nicht genug wäre, kann man mit dem frisierten 3D-Drucker die extrahierte DNA auch gleich noch amplifizieren. Die Details dazu, sowie die Ergebnisse verschiedener Extraktions-Experimente, finden Sie in der Original-Publikation.

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(Erstveröffentlichung: H. Zähringer, Laborjournal 12/2017, Stand: November 2017, alle Angaben ohne Gewähr)




Letzte Änderungen: 08.12.2017