Editorial

Die "Nach-Genom-Ära"

Zitationsvergleich 2000 bis 2002: Humangenetik
von Lara Winckler, Laborjournal 12/2005


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Die Sequenz des menschlichen Genoms ist entschlüsselt. Doch damit sind die Humangenetiker nicht arbeitslos. Sie befassen sich mit der Aufklärung von Funktionen und suchen nach krankheitsverursachenden Genmutationen.

Nach Entschlüsselung des menschlichen Genoms kommt das mit Abstand meistzitierte Paper der Jahre 2000-2002 erwartungsgemäß vom International Human Genome Sequencing Consortium (NATURE 409 (6822): 860-921, 2001): 4560 Zitierungen konnte es verbuchen.

Bereits im Mai 2000 hatten André Rosenthal (6.) und seine Kollegen vom Genomprojekt die Gensequenz von Chromosom 21 veröffentlicht (NATURE 405 (6784): 311-319, 2000). Auf Chromosom 21 liegen Gene, die eine Rolle bei Alzheimer, Epilepsie, Autoimmunerkrankungen und Formen der Leukämie spielen. Die Sequenz hilft auch, mehr über das Down-Syndrom (Trisomie 21) und andere Krankheiten wie die manische Depression zu erforschen.

Teil der Sequenzierung ganzer Genome ist die Erstellung der physical maps aus bakteriellen künstlichen Chromosomen (BAC), wie sie Hans Lehrach (1.), Rosenthal, Annemarie Poustka (16.) und Kollegen für das menschliche Genom beschrieben haben. Diese Genkarten helfen, Gene und andere auffällige Strukturen in chromosomaler DNA zu lokalisieren.

Inzwischen sind weitere Chromosomen sequenziert und mittels Annotation konnten zahlreiche potenzielle Gene entdeckt werden.


Was wird erforscht?

Im Mittelpunkt der Forschung stehen neben dem Vergleich des menschlichen Genoms mit anderen - wie Schimpanse, Maus und Hund - das Auffinden krankheitsverursachender Genmutationen. Unter den Top10 finden sich Krebs, Muskeldystrophien und Erkrankungen des Gehirns. Für Ursache und Wirkung von Genom-Anomalien etwa bei der Chronischen Lymphozytischen Leukämie (CLL) interessiert sich die Arbeitsgruppe um Peter Lichter (2.) vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg. Thomas Voit (4.) von der Pädiatrie der Uniklinik Essen untersucht erbliche Muskeldystrophien, André Reis (10.) erforscht Genloci, die mit Epilepsie und Schizophrenie zusammenhängen.

Hilfreich für Erforschung und Vergleich einzelner Gene und auch ganzer Genome ist die Erstellung von Datenbanken, wie sie Michael Krawczak (6.) von der Genetik Kiel erstellt: die Human gene mutation database und die European Y-chromosomal short tandem repeat (STR) haplotypes database. Krawczak sucht nach ethnischen Unterschieden in den Y-chromosomalen Mikrosatelliten-Haplotypen. Mikrosatelliten sind kurze DNA-Sequenzen, die keine Erbinformation tragen. Sie bestehen aus einer hochvariablen Anzahl von repeats einer festgelegten Folge von Basenpaaren.

Nicht nur Gene und Chromosomen des Menschen werden miteinander verglichen. In der "Nach-Genom-Ära" spielen Mäuse eine Hauptrolle in der funktionellen Genomanalyse. Martin Hrabé de Angelis (35.) vom Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (GSF) in Neuherberg und der Münchner Thomas Meitinger (21.) haben zusammen mit Kollegen im Rahmen des Deutschen Human-Genom-Projekts einen systematischen, genomweiten Mutagenese-Screen in Mäusen erstellt. Sie etablierten zahlreiche neue Mausmodelle, etwa für Kleinwüchsigkeit, Osteoarthritis und Allergien.


Wer ist dabei?

In diesem Zitationsvergleich werden zum einen Wissenschaftler berücksichtigt, die Chromosomen erforschen und versuchen, Anomalien bestimmten Krankheiten zuzuordnen, zum anderen die molekularen Humangenetiker, die einzelne Gene oder DNA-Abschnitte untersuchen.

In der Humangenetik scheint sich der Zusammenschluss zu Konsortien und die gemeinsame Veröffentlichung von Artikeln anzubieten. Da jedoch bei Papern mit 20 und mehr Autoren - teilweise sind es über 200 - die Leistung des einzelnen kaum zu ermitteln ist, wurden diese Veröffentlichungen im Zitationsvergleich nicht berücksichtigt. Dies wird auch bei zukünftigen Zitationsvergleichen so gehalten werden.

Ebenfalls neu ist der zusätzlich aufgeführte h-Index, der sowohl die Anzahl der Publikationen als auch deren Zitierhäufigkeit mit einbezieht. Mit ihm soll erreicht werden, dass sogenannte "Eintagsfliegen" nicht mehr die Spitzenplätze in Rankings belegen. Der h-Index wird folgendermaßen ermittelt: Alle veröffentlichten Artikel eines Autors werden nach der Zahl ihrer Zitierungen absteigend aufgelistet: Der h-Index ist die Nummer in der Rangliste, an der die Zahl der Zitierungen noch mindestens dem Rang des Artikels entspricht. Ein Wissenschaftler hat zum Beispiel einen h-Index von 20, wenn 20 seiner Veröffentlichungen mindestens 20-mal zitiert wurden.


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Letzte Änderungen: 24.04.2006