Editorial

Keine Nervensache

Zitationsvergleich 2002 bis 2005: Hals-Nasen-Ohren-Forschung
von Lara Winckler, Laborjournal 9/2008


Zu den Ranglisten: Meistzitierten Artikel / Reviews / Köpfe

Zu: Bild der meistzitierten Köpfe



Hals-Nasen-Ohren-Forschung
© iStock

In der HNO-Forschung fallen 2002 bis 2005 zwei Dinge auf: Im Vergleich zu den Jahren davor findet eine Verlagerung der Themen in Richtung Geruchssinn statt, und die Krebsforscher treten zunehmend in den Vordergrund. Das HNO-Zentrum im deutschsprachigen Raum gibt es nicht, doch einige Städte fallen durch Entsendung von mehreren Wissenschaftlern auf.

Die Hals-Nasen-Ohren-Forschung beschäftigt sich unter anderem mit dem Hören und dem etwas vernachlässigten chemosensorischen Sinn des Riechens und Schmeckens. Dennoch wird sie nicht allein von Sinnesphysiologen bestritten. Neben den Funktionen von Nase und Ohren sowie des Hals- und Rachenraums werden die Krankheiten derselben untersucht, etwa Krebs im Kopf-Nacken-Bereichs, und durch Genmutationen verursachte Defekte.

Die in diesem Vergleich aufgelisteten Forscher rekrutieren sich daher nicht einfach nur aus HNO-Kliniken und Instituten, die einen oder mehrere der Begriffe oto-, rhino- und laryngo- im Namen tragen. Vielmehr werden sie - neben Otorhinolaryngologen - angeführt von Humangenetikern, Neuro- und Sinnesphysiologen, und auch Zoologen und Biochemiker sind vertreten.

Eine sinnvolle Publikationsanalyse verlangt nach Zutrittsbeschränkungen. In diesem Vergleich Fall gilt es, die Grenze zur Neurobiologie zu ziehen. Die Übergänge zwischen Riech-Schmeck-Hör-Forschung, Sinnesphysiologie und Neurobiologie sind fließend, da beim Riechen, Schmecken und Hören die Weiterleitung und Verarbeitung der Signale im Gehirn dazu gehört. Dieser Vergleich soll jedoch so nahe wie möglich an den jeweiligen Organen bleiben, daher wird die Grenze noch vor den ersten neuronalen Schaltstellen gezogen.


Riech- und Schmeck-Forscher gut dabei...

Unter den Top 10 dominieren die Olfaktologen und Gustologen, oder auch "Riech-und-Schmeck"-Forscher, allen voran Thomas Hummel (1.), der unter anderem Veränderungen des Riechsinns bei der Parkinsonschen Krankheit untersucht.

Der Bochumer Zellphysiologe Hanns Hatt (8.) gehört ebenfalls zu dieser Gruppe - er identifizierte testikuläre Geruchrezeptoren für die Spermien-Chemotaxis, und fand seinerzeit die Riechrezeptoren im Menschen. Zusammen mit seinen Kollegen Günter Gisselmann (24.), Christian Wetzel (25.) und Marc Spehr (26.), der inzwischen in Baltimore forscht, veröffentlichte Hatt 2003 ein Paper in Science, das es auf Platz 2 der meistzitierten Artikel brachte.

Auf Platz 2 der Top 50 unter den deutschsprachigen Otorhinolaryngologen landete ein Forscher aus der "Grauzone": Andreas Gal ist von Haus aus Augenforscher, doch liegt sein Forschungsfokus unter anderem auf der Genetik des Usher-Syndroms, einer häufigen Ursache der "Taubblindheit", bei der Innenohrschwerhörigkeit mit Netzhautdegeneration einhergeht.

Zwei weitere Wissenschaftler haben sich dem Usher-Syndrom verschrieben: Uwe Wolfrum (6.) und Jan Reiners (31.) von der Mainzer Zoologie veröffentlichten im EMBO Journal dazu einen Artikel, der auf Platz 3 unter den meistzitierten steht.


... ebenso Krebsforscher

Rainer Laszigs (3.) Lancet-Paper zur Behandlung von Krebspatienten mit Erythropoietin belegt Platz 1 der meistzitierten Artikel. Kein Zufall - Krebs ist eines der Hauptthemen in dieser Publikationsanalyse. Vierzehn der Top 50 befassen sich mit Krebs, vor allem des Kopf-Nacken-Bereichs, aber auch Ösophagus-Karzinome werden erforscht.

Auch die Riech-Forscher sind mit elf Plätzen unter den Top 50 gut vertreten. Ihre Forschung dreht sich - neben den vorhin schon erwähnten - etwa um Rhinitis und Sinusitis, also Schnupfen und Nasennebenhöhlenentzündungen, unter anderem in Zusammenhang mit Allergien.

Sechs Städte fallen durch die Entsendung einer größeren Gruppe von Forschern auf: Freiburg, Tübingen und Mannheim sind mit jeweils fünf unter den Top 50 vertreten, Bochum und Mainz führen vier ins Feld.

Auch die Wiener sind mit drei HNO-Spezialisten im Rennen, Zürich stellt zwei der Top 50.

Die HNO-Forschung scheint kein erklärtes Wissenschaftlerinnen-Fachgebiet zu sein, dennoch sind die Frauen mit fünf Plätzen recht gut vertreten. Drei von ihnen gehörten zumindest zeitweise zu den Tübinger Hörforschern: Teresa Nicolson (14.), seit 2003 in Oregon, forschte zwischen 2002 und 2005 an Innenohr-Mutationen bei Zebrafisch, Marlies Knipper (15.) arbeitet weiterhin am Tübinger Hörforschungszentrum an Ionenkanälen in isolierten Maus-Cochleas.


Zu: Meistzitierten Artikel / Reviews / Köpfe

Zu: Bild der meistzitierten Köpfe



Letzte Änderungen: 17.10.2008