Editorial

Melanome und Dermatosen

Zitationsvergleich 2004 bis 2007: Hautforschung
von Lara Winckler, Laborjournal 12/2010


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Foto: photocase/dommy.de

Hautkrebs, Schuppenflechte, atopische Dermatitis sowie der Einsatz dendritischer Zellen für die Krebstherapie waren Topthemen der deutschsprachigen Hautforscher zwischen 2004 und 2007. Unter ihnen sind außergewöhnlich viele Österreicher und Schweizer.

Die Top 50 der deutschsprachigen Hautforschung arbeiteten in den Jahren 2004 bis 2007 bis auf wenige Ausnahmen in Hautkliniken beziehungsweise Kliniken für Dermatologie, Venerologie und Allergologie. Damit sind auch schon die Hauptarbeitsgebiete der Hautforscher im weiteren Sinne abgesteckt: Erkrankungen der Haut, Allergien sowie sexuell übertragbare Krankheiten. Viele Formen der klassischen Geschlechtskrankheiten manifestieren sich an der Haut, weswegen die Venerologie von Anfang an zur Dermatologie gehörte. Jedoch sind sie keine Hauterkrankungen im eigentlichen Sinn, daher nehmen wir den größten Teil der Venerologen nicht in diesen Vergleich auf. Sie finden unter anderem in der Urologie-Publikationsanalyse Berücksichtigung. Und auch der Löwenanteil der Allergie-Forscher wird nicht hier gelistet, sondern in der Publikationsanalyse „Immunologie“.

Die wenigen nicht-klinischen Ausnahmen unter den Hautforschern haben die normalen Hautfunktionen zum Thema, etwa die Wundheilung, wie die Zürcher Zellbiologin Sabine Werner (27.) oder die Ulmer Dermatologin Karin Scharffetter-Kochanek (49.), deren Team eine CD18-Knockoutmaus entwickelt hat, bei der die Wundheilung gestört ist. Auch die Abwehr von Krankheitserregern gehört zu den physio­logischen Hautfunktionen, Forschungsgebiet etwa von Jürgen Harder (28.), Uni Kiel.

Bei den nicht-klinischen gilt es, eine klare Grenze zu ziehen: So wurden etwa jene Mikrobiologen nicht berücksichtigt, die neben der Erforschung „ihrer“ Bakterien nebenbei auch deren Besiedlung der Haut untersuchen. Ebensowenig vertreten sind die Immunologen, die die Immunabwehr gegen Mikroben erforschen und nur am Rand, als Abrundung des Themas, auch die Immunabwehr in der Haut mit unter die Lupe nehmen.


Krebs und Immuntherapie top

Absolutes Topthema sind Hauttumoren, und hier vor allem der schwarze Hautkrebs (malignes Melanom). Immerhin 19 der 50 meistzitierten deutschsprachigen Hautforscher, also über ein Drittel, hatte 2004 bis 2007 Melanome zum Thema; fünf von ihnen kamen unter die Top 10. Ein ähnliches Bild zeichnen die zehn bis heute meistzitierten Artikel der deutschsprachigen Hautforschung: drei behandeln Melanome, inklusive der zwei meistzitierten, die beide genetische Veränderungen in Melanomzellen beschreiben.

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Gut doppelt so viele Zitierungen jedoch sammelte eine Veröffentlichung zur Klassifizierung von Hauttumoren, Platz eins unter den meistzitierten Reviews. In dessen Autorenliste finden sich mit dem Zürcher Günter Burg (10.), Lorenzo Cerroni (41.) und Helmut Kerl (13.) aus Graz sowie Wolfram Sterry (1.) von der Charité Berlin gleich vier der Top 50-Hautforscher. Allerdings wird darin nicht nur der gefürchtete schwarze Hautkrebs abgehandelt. Der wesentlich häufigere und stark unterschätzte „weiße“ Hautkrebs – Plattenepithel- und Basalzellkarzinome sowie die aktinische Keratose – hat zwar eine etwas bessere Prognose, jedoch beträgt „die Häufigkeitszunahme dieser ‚non-melanoma skin cancer‘ sieben bis zehn Prozent pro Jahr“, wie Hubert Pehamberger (26.), Hautklinik Uni Wien, betont.

Ebenfalls ein heißes Forschungsthema ist der Einsatz dendritischer Zellen (DC) für eine Immuntherapie etwa gegen Hautkrebs. Die Forscher Curdin Conrad (38.), Hautklinik Zürich, sowie Frank Nestle (3.) und Michel Gilliet (15.), mittlerweile in London beziehungsweise Houston, wollen DC direkt mit Hilfe von Tumorantigenen aktivieren, um Tumor-spezifische Killerzellen zu aktivieren und so den Krebs zu bekämpfen. Ein ähnliches Ziel verfolgen Dirk Schadendorf (22.), Uniklinikum Essen – Träger des Deutschen Krebspreises 2010 – und sein Grazer Kollege Jürgen Becker (23.): Sie arbeiten an einer Immuntherapie mit DC gegen das embryonale Protein Survivin, das in Krebszellen reaktiviert wird und zur Überlebensfähigkeit von Tumoren beiträgt.

Georg Stingl (44.), Hautklinik Wien, der vor 15 Jahren die immunologische Funktion epidermaler dendritischer Zellen, der Langerhanszellen, beschrieb, untersucht seither gemeinsam mit Nikolaus Romani (21.), Uni Innsbruck, und Gerold Schuler (25.), Uni Erlangen, deren Funktion und möglichen Einsatz für immunmodulierende Medikamente. Weitere Dauerbrenner sind chronisch-entzündliche Erkrankungen wie die Schuppenflechte (Psoriasis), Thema von Thomas Ruzicka (5.), LMU München, sowie atopische Dermatitis (veraltet Neurodermitis), an der etwa Johannes Ring (2.), TU München, forscht; außerdem verschiedene allergische Begleiterscheinungen wie Kontaktdermatitis, die Thomas Werfel (17.), MH Hannover, erforscht, und systemische Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes, bei dem auch die Gesichtshaut befallen wird.

Unter einer Reihe von Hautforscher-Hotspots fällt vor allem eine Stadt auf: Sechs der Top 50 arbeiteten zwischen 2004 und 2007 zumindest zeitweise in Zürich, fünf von ihnen an der Zürcher Hautklinik. Insgesamt sind sieben Schweizer unter den Top 50 der deutschsprachigen Hautforscher. Jedoch nehmen sie ausnahmsweise nicht den zweiten Platz im Länderranking ein, denn acht der Top 50 forschten im Analysezeitraum in Österreich, allein vier an der Grazer Hautklinik, die sich damit den zweiten Platz im Städteranking mit Berlin, Münster und Regensburg teilt.


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Letzte Änderungen: 22.02.2011