Editorial

Gene und Anpassung

Publikationsanalyse 2007-2010: Pflanzenforschung
von Lara Winckler, Laborjournal 04/2013


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Foto: Julia Mjakyshina+Eugenia Maximova

Deutschsprachige Pflanzenforscher sind in erster Linie Grundlagenforscher. Dies verwundert nicht weiter, liegt doch die Grüne Gentechnik hierzulande größtenteils auf Eis. Nur wenige Experimente werden noch gestattet, wie etwa der Winterweizenversuch am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben. Und dieser auch nur, weil „der Versuch mit den Marker- und Resistenzgen-freien Winterweizenlinien weder Menschen noch Tiere gefährdet und keine Gefahr für die Umwelt“ darstelle, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erklärte.

Als Zeichen der schwierigen Rahmenbedingungen sind in dieser Publikationsanalyse denn auch keine Gaterslebener Wissenschaftler vertreten – wenn auch viele nur knapp an einer Platzierung unter den 50 bis heute meistzitierten Pflanzenforschern, die von 2007 bis 2010 zumindest zeitweise an einem Institut im deutschsprachigen Raum arbeiteten, vorbeischrammten. Thomas Altmann, Leiter der Molekularen Genetik am IPK, gehört etwa zu ihnen. Ebenso wie Marion Röder, Leiterin der Arbeitsgruppe „Gen- und Genomkartierung“, befasst er sich mit der Nutzung der genetischen Diversität in Gerste und Weizen. Schwere Zeiten also für die Gentechnik, in der doch nicht nur nach der Meinung vieler Wissenschaftler die Zukunft liegt, eingedenk des Klimawandels und wachsender Weltbevölkerung. Doch Flora hat noch mehr zu bieten als aufgepeppte Genome – auch die „normalen“ Genome halten noch allerhand Überraschungen und Forschungsbedarf bereit. Und die Community zeigt sich interessiert. So sind denn auch fünf Genom-Paper unter den zehn bis heute meistzitierten Artikeln aus den Jahren 2007-2010.

Altbewährt und doch neu

Auxinflux, Stresstoleranz, Blühinduktion – obwohl nicht direkt neu, sind all diese Themen noch längst nicht ausgeforscht. So interessiert sich Detlef Weigel (1.), Molekularbiologe und Direktor des Tübinger Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie, für die Anpassung von Organismen an ihre Umwelt, etwa über Phänotypvariationen.

Vor zehn Jahren wiesen Weigel et al. nach, dass miRNAs Entwicklungsprozesse regulieren – in Pflanzen ebenso wie in Tieren, weshalb in der „WeigelWorld“ auch Guppys ein Dach über dem Kopf finden. Seine meistzitierten Artikel jedoch drehen sich um Arabidopsis thaliana, ein Forschungsobjekt, welches nach wie vor die Aufmerksamkeit der Community sichert – Weigel ebenso wie seinen Kooperationspartnern am Tübinger Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP), Gerd Jürgens (22.), Thorsten Nürnberger (41.) und Georg Felix, sowie seinem ehemaligen Doktoranden Norman Warthmann (15.), derzeit an der Australian National University in Canberra. Dazu kommen die Wissenschaftler des bei weitem am stärksten vertretenen Instituts in diesem Vergleich: Das Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie im Wissenschaftspark Potsdam-Golm kann nicht nur zehn der Top 50 der deutschsprachigen Pflanzenforschung verzeichnen, sondern auch den bis heute meistzitierten Artikel aus den Jahren 2007 bis 2010. Dieser hat trotz der auch am Golmer MPI herrschenden Vormachtsstellung der Ackerschmalwand einen anderen Protagonisten: Bernd Müller-Röber (16.) untersucht Wachstum und Genregulation unter anderem in der einzelligen Grünalge Chlamydomonas reinhardtii. Diese trennte sich vor rund einer Milliarde Jahren von der Linie der Landpflanzen, was sie zu einem beliebten Modell für die Erforschung von Photosynthese sowie Struktur und Funktion eukaryotischer Geißeln macht, die in Landpflanzen verloren gingen.

Um letztere wiederum kümmert sich das Team um den Freiburger Biotechnologen Ralf Reski (25.). Die Moosforscher analysieren das Genom ihres „Haustiers“ Physcomitrella auf die Eroberung des Landes durch die Pflanzen, etwa hinsichtlich von Genen für Trockenstresstoleranz.

Obwohl sich auch die Wissenschaftler um Beat Keller (5.) vom Zürcher Institut für Pflanzenbiologie Arabidopsis‘ Lockruf nicht entziehen können, haben sie ebenfalls noch andere Favoriten, wie die Süßgräser Weizen, Gerste und Roggen. Zwei der Gräserartikel, die unter anderem in Zusammenarbeit mit den Münchner Bioinformatikern um Klaus Mayer (4.) entstanden, schafften es unter die Top 10 der meistzitierten Pflanzenforschungsartikel. Mit zehn Top 50-Forschern – allein sieben aus Zürich – ist die Schweiz gut aufgestellt. Die Österreicher sind zwar etwas ins Abseits geraten, doch die Gruppe um Antonius und Marjori Matzke, Gregor-Mendel-Institut für Molekulare Pflanzenbiologie Wien, glänzt mit einem gutzitierten Übersichtsartikel zu RNA-Interferenz.



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Letzte Änderungen: 10.04.2013