Editorial

Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)

von Sabine Strecker (Laborjournal-Ausgabe 05, 1997)


Der Weg der Gen- und Genomforschung der letzte Jahre ist gesäumt von kleinen leuchtenden Punkten-, den Signalen aus Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierungen. Diese Methode, kurz FISH genannt, entwickelte sich gegen Ende der achtziger Jahre aus der isotopischen in-situ-Hybridisierung, die mit radioaktiv markierten Nukleinsäuresonden arbeitete. Seitdem hat die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung ihren Siegeszug durch die genetischen Labors angetreten, aus denett sie heute nicht mehr wegzudenken ist.

Wie der Name sagt, machen sich die Genetiker bei den Hvbridisierungstechniken die Spezifität der Basenpaarung zunutze, um bestimmte Sequenzen - Gene oder nicht-codierende Abschnitte - im genetischen Untersuchungsmaterial aufzuspüren. Ursprünglich markierte man die DNA- oder RNA-Sonden durch den Einbau radioaktiver Basen oder Biotin. Beide Verfahren haben jedoch den Nachteil, daß man unterschiedliche Sonden im Präparat nicht mehr unterscheiden kann. Bei FISH ist es dagegen möglich, in ein und demselben Hybridisierungsschritt mehrere, mit unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen markierte Sonden zu verwenden. Ein Vorhaben der medizinischen Gendiagnostiker ist zum Beispiel, DNA-Sonden zu entwickeln, die jedem der 24 menschlichen Chromosomen eine individuelle Farbe verleihen Trisomien oder Translokationen wären dann auf den ersten Blick zu erkennen. Bereits jetzt kann man sehr kleine Translokationen, die mit der Bandenfärbung nicht entdeckt werden können, mit der Fluoreszenzfärbung sichtbar machen.

FISH erzielt eine höhere Auflösung als die radioaktive in-situ-Hybridisierung, die häufig mit einem starken Hintergrund zu kämpfen hat. So können mit FISH DNA-Bereiche von mehreren Megabasen bis hinunter zu einer Kilobase zuverlässig kartiert werden.

Während die radioaktive in-situ-Hybridisierung nur auf totes Material angewendet werden kann, erlaubt FISH auch Untersuchungen an lebenden Zellen, so daß biologische Prozesse wie etwa die DNA-Replikation, die Zellteilung oder die Meiose untersucht werden können Bei der DNA-Verdoppelung ist es mit der hochauflösenden FISH möglich bereit-, replizierte Bereiche (doppeltes Signal) von noch nicht verdoppelten Regionen (einfaches Signal) zu unterscheiden. So hat man etwa herausgefunden, daß genreiche DNA-Abschnitte früher repliziert werden als solche mit wenigen Genen. Die Methode ist zudem ein geeignetes Mittel, um die Replikationsursprünge im menschlichen Genom genauer zu lokalisieren.

Mit der Fluoreszenztechnik, sind bereits detaillierte EinbIicke in die Struktur, Funktion und Organisation des Genoms gelungen. Besondere Aufmerksamkeit haben dabei unter anderem die Telomer-Sequenzen auf sich gezogen. Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung hat offenbart, daß sie nicht nur als "Schutzkappen" für die Enden der Chromosomen dienen.

Editorial

Editorial

Vielmehr scheinen sie die Bewegung der Chromosomen während der Meiose anzuführen und eine Rolle bei der Inaktivierung eines der X-Chromosomen in weiblichen Zellen zu spielen. Verwandte Sequenzen hat man hauptsächlich im Bereich der Centromere und im Heterochromatin gefunden. Durch die FISH-Kartierung dieser Sequenzen in verwandten Genomen läßt sich beispielsweise nachvollziehen, wie Chromosomen im Laufe der Evolution verschmolzen sind oder sich geteilt haben. In der Entwicklungsbiologie kann FISH eingesetzt werden, um die Expressionsmuster bestimmter Gene in einem sich entwickelnden Gewebe oder Organismus zu bestimmen. Dabei wird die mRNA des betreffenden Gens mit der komplementären RNA-Sequenz als Sonde nachgewiesen.

Eine ähnliche RNA-Färbung hat Einblicke in das mRNA-Processing ermöglicht. Spezifische Transkripte sind demnach nicht diffus im Kern verteilt, sondern wandern geordnet entlang eines Pf~ides zur Kernmembran - vermutlich auf einer Art molekularer "Schiene".

Und sicherlich werden künftige FISH-Züge durch diverse Genome noch mehr reiche Beute bringen.



Letzte Änderungen: 19.10.2004