Editorial

Ebola-Virus

von Winfried Köppelle (Laborjournal-Ausgabe 06, 1998)


Anfangs schmerzten den Leuten in dem verschlafenen Dschungeldorf nur die Gelenke. Dann kam wie bei einer Grippe Fieber hinzu. Bis die Erkrankten plötzlich begannen, aus allen Körperöffnungen zu bluten. Innerhalb eines Monats starben 280 der insgesamt 318 Befallenen, dann verschwand die Seuche ebenso lautlos wieder, wie sie gekommen war.

Was klingt wie Hollywood, geschah 1976 im damaligen Zaire tatsächlich. Heute, nach intensiver Forschung, hat das Grauen auch einen Namen: Ebola-Virus. Dieses ist der vielleicht grausamste aller bekannten Krankheitserreger - aber weit weniger bedrohlich, als die meisten glauben.


Die Geschichte von Ebola beginnt eigentlich bereits 1967.

Damals starben in Marburg und Belgrad sieben Laboranten, die mit Blut und Gewebe von Grünen Meerkatzen in Kontakt kamen. Die Symptome der Erkrankung, zusammengefaßt unter dem Terminus "Haemorrhagisches Fieber", waren denen neun Jahre später in Zaire sehr ähnlich, und bedingten wie dort eine ähnlich hohe Todesrate. Die Marburg-Krankheit ist seither jedoch nur mehr sporadisch aufgetreten. Zu Ebola-"Outbreaks" kam es dagegen in jüngerer Zeit wieder öfter.

Die Ebola-Subtypen Zaire, Sudan, Gabon, Tai und Reston bilden zusammen mit dem Marburg-Virus die winzige Gruppe der Filoviren. Die Virionen dieser - außer Ebola-Reston - extrem letalen Erreger weisen eine haarförmige, "filamentartige" Form auf - eine Struktur, die auf der im Internet kursierenden, ersten elektronenmikroskopischen Ebola-Aufnahme von Frederick A. Murphy aus dem Jahre 1976 gut zu erkennen ist. Die Herkunft der Filoviren liegt nach wie vor im Dunklen. Weder ist der natürliche Wirt bekannt (möglicherweise Fledermäuse) noch weiß man, warum die Seuche sich nie nennenswert ausbreiten konnte und so jedesmal schnell wieder stoppte. Vermutlich sterben die Betroffenen einfach zu schnell, als daß sie noch viele Mitmenschen infizieren könnten.

Mehr weiß man inzwischen über die molekulare Struktur: Ein Filovirus beinhaltet ein einzelsträngiges, 19 kb großes und AU-reiches RNA-Genom, das von einem doppelten Capsid und einer Lipoprotein-Membran umschlossen wird, die von der Wirtszelle stammt - bevorzugt Endothelzellen, Makrophagen und Fibroblasten. Gewisse Parallelen bestehen zu den Gruppen der Arena- und Bunyaviren, die ebenfalls Haemorrhagisches Fieber verursachen. Die medizinische Behandlung einer Filovirus-Erkrankung erstreckt sich in erster Linie auf schnellen Ersatz der verlorenen Körperflüssigkeiten bei strikter Quarantäne, da noch kein Impfstoff existiert. Die angeblich erfolgreiche Behandlung, die 1995 im Kongo mit dem Blutserum früherer Überlebender durchgeführt wurde, ist in der Fachwelt eher umstritten.

Doch es tut sich was in der Ebola-Szene. Den Eintritt in die Wirtszelle scheint ein Glykoprotein auf der Virenoberfläche zu bewerkstelligen. Könnte man dieses blockieren, hätte man womöglich einen Impfstoff in der Hand. Eine erfolgreiche Immunisierung von Meerschweinchen mit aus Ebola-RNA abgeleiteter DNA wurde Anfang des Jahres publiziert. Hans-Dieter Klenk von der Uni Marburg hat dagegen eine ganz andere Idee: Den Einsatz von entschärften Ebola-Viren in der Gentherapie. Die Vorliebe des Virus insbesondere für die Endothelzellen des Gefäßsystems impliziere geradezu seine Verwendung als spezifische Genfähre im Kampf gegen Krebs oder Gefäßkrankheiten.

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Letzte Änderungen: 19.10.2004