Editorial

Automatische Dienste

Erlebnisse einer TA (11)

Annette Tietz


Die TA

Wenn man einige Jahre in einem Labor gearbeitet hat, erledigen sich gewisse Dinge einfach automatisch. Man muss nicht mehr wirklich mitdenken, man greift ganz selbstverständlich in die Schubladen, holt Röhrchen, Spritzen, Pipetten und sonstige Sachen, die man benötigt, raus und fängt an zu beschriften.

Wo kommen die denn her ?

Mir ist es schon passiert, dass ich auf meinem Arbeitsplatz beschriftete Röhrchen gefunden habe, von denen ich gar nicht wusste, wie sie dahin gekommen sind. Ich fragte mich, ob da tatsächlich jemand ins Labor geschlichen ist und mich à la Versteckte Kamera hinters Licht führen will. Oder lag es einfach an der Uhrzeit und ich war noch nicht völlig wach? Nach genauerem Betrachten der Röhrchen musste ich feststellen, dass mir die Schrift bekannt vorkam, es war nämlich meine eigene… Ich stand übrigens nicht unter Drogen! Um das Ganze etwas positiver zu sehen, dachte ich, ich schau doch gleich mal in der PCR-Maschine nach, vielleicht hatte ich in meiner Umnachtung auch schon die PCR pipettiert. Leider musste ich feststellen, dass sich die Arbeit wohl doch nicht ganz von allein erledigt.

Stiftsalabim ...

Ich widmete mich wieder meiner heutigen Arbeit und kramte – ohne hinzusehen – in der Schublade nach meinem Stift. Meine Hand fand alles Mögliche, aber mein schwarzer Stift wollte sich nicht zu erkennen geben. Also zog ich die Schublade ganz auf und riskierte einen Blick. Da stapelte sich ja so einiges: Klebeetiketten, Bleistifte, Lineal, Blätter, Müsliriegel (aus Laborsicherheitsgründen sei hier angemerkt, dass der eben erwähnte natürlich nur dort gelagert wird…) und Styroporkügelchen (wo kommen die denn her?). Aber kein schwarzer Stift. Und zu meinem Erschrecken musste ich feststellen, dass der schwarze Stift meinen grünen Stift bei seiner Flucht gleich mitgenommen hat.

So was! Wo ich doch jeden meiner Stifte mit einem Kleber und meinem Namen versehen habe, so dass, falls es tatsächlich so weit kommen sollte, dass jemand natürlich nur ganz zufällig und ausnahmsweise in einer Notsituation mal einen meiner Stifte entwenden sollte, auch weiß, wo er ihn wieder abgeben darf… So in etwa: Wenn Sie mich finden, bringen Sie mich bitte wieder zurück ins Labor 123, erster Schrank links, dritte Schublade von oben, meine Freunde warten schon auf mich. Irgendwie scheint mein System nicht zu funktionieren. Also gehe ich wieder an den Schrank mit dem Stift-Vorrat und hole mir einen neuen schwarzen und grünen Freund. Bei der Masse an Stiften, die mir schon abhanden gekommen ist, müsste sich eigentlich irgendwo ein illegales Lager befinden. Nur zur Info: falls das jemand finden sollte, bitte NICHT zurückbringen! Soviel Platz habe ich nämlich nicht.

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Ein fliegender Rollenwechsel

Mit meinen neuen Stiften ausgestattet konnte es weitergehen. Nachdem alle Röhrchen beschriftet waren, kramte ich wieder ganz automatisch in der nächsten Schublade nach 10er-Pipetten. Leider meldete meine Hand auch hier kein Erfolgsergebnis. So ein Mist! Mir war nicht bewusst, dass ich die 10er-Pipetten leer gemacht hätte, aber wozu gibt es denn den Reserveschrank?

Fest entschlossen, gleich mit einer neuen Packung 10er-Pipetten bewaffnet weiter machen zu können, riss ich die Schranktüren auf. Irgendwas war beim Anblick ins Innere des Schrankes komisch. Da war eine Lücke, sodass man die hintere Schrankwand sehen konnte, was sonst eigentlich nicht der Fall war.

Klug kombiniert heißt das, dass nun dort eine Lücke war, wo sonst die Verpackung mit den 10er-Pipetten war. Was für ein Zufall! An der Tatsache war ja nun nichts mehr zu ändern, aber was nun? Sollte ich die Lücke auffüllen, damit ich weiterarbeiten kann und derjenige, der rein zufällig die Packung leer gemacht hatte und natürlich nur aus Versehen vergessen hatte, die leere Packung wieder aufzufüllen, heute feststellt, wie sich Dinge von allein so ganz automatisch wieder zum Guten wenden? Nö, heute nicht. 10ml kann man schließlich auch mit einer 25er-Pipette pipettieren. Heute habe ICH mal aus Versehen ganz zufällig...



Letzte Änderungen: 01.08.2018