Die Agenten gingen ihrer täglichen Arbeit nach: Agent 2727 pipettierte wie jeden morgen unzählige PCRs zusammen, während Agent 2728, der sich immer noch nicht mit seiner uncoolen Nummer abgefunden hatte, Färbungen ansetzte. Da klingelte das Telefon: Agent 2731 vom Gang gegenüber gab einen Notruf ab. Im Raum 2729 befände sich eine unbekannte Flüssigkeit auf dem Boden.
Sofort ließen alle alles fallen und sprinteten in geduckter Haltung, hinter Mülleimern und Rollwägen Deckung suchend, an den Tatort. Die Agenten 2727, 2728 und 2731 trafen sich in der Tür zu Raum 2729 und beäugten die unbekannte Substanz auf dem Fußboden aus sicherer Entfernung; Agent 2731 verteilte Schutzmasken. Agent 2729 hatte für solche Einsätze ein Spezialtraining absolviert, doch der wollte heute morgen Weihnachtseinkäufe erledigen. 2731 als der Ranghöchste übernahm das Kommando: Flüssigkeit identifizieren, Raum vorschriftsmäßig absperren und Agent 2729 anrufen.
Nach ein paar Minuten das erste aufregende Ergebnis: Die Flüssigkeit hatte einen leicht sauren pH-Wert von 5! Alle zogen die Augenbrauen hoch und die Mundwinkel runter. Das hörte sich übel an! Die bräunliche Färbung gab ihnen ebenfalls zu denken, jedoch half eine rasche Internetrecherche nicht weiter. Also ließen sie den Raum bis auf weiteres versiegelt und gingen erstmal zum Mittagessen.
Am Nachmittag erschien Spezialagent 2729 am mittlerweile weiträumig abgeriegelten Institut und rief unverzüglich eine Lagebesprechung ein. War die Substanz identifiziert, gab es Verletzte, Zeugen? Eifriges Kopfschütteln. Wieso war die Überwachungskamera ausgeschaltet? Agent 2721, der sich gerne mal sein Mittagessen in der Labormikrowelle warmmachte, schob sich unauffällig hinter Agent 2728.
„Es ist wahrscheinlich eine milde Säure“, tat sich Agent 2731 hervor, der das Kommando nur ungern wieder abgeben wollte. Gesehen hatte niemand etwas. Alle Befragten hatten angegeben, sich zwischen 8 und 11 Uhr, als die Tat entdeckt wurde, in ihren jeweiligen Laboren aufgehalten zu haben und ihrer üblichen Laborarbeit nachgegangen zu sein. Lediglich Agent 2726 konnte sich erinnern, jemanden mit weißem Kittel in der Nähe des Raumes 2729 gesehen zu haben. Das brachte Bewegung in die Gruppe. War es ein Koch, ein Maler, ein Arzt?
Jemand sagte „Alle tragen hier doch weiße Kittel.“ Betretenes Schweigen. Das hatte man nicht bedacht.
„Der Hauptgang führt genau an Labor 2729 vorbei“, meldete sich Agent 2724, der erst seit Kurzem im Team war, zu Wort. Agent 2731 beäugte ihn misstrauisch – wollte 2724 sich aus dem Kreis der Verdächtigen herausreden? Ein Verräter in den eigenen Reihen?
Agent 2729 beschloss, den Tatort selbst noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Er hatte seine Luma Light dabei, um eventuelle Blutspuren oder am Tatort zurückgelassene Haare zu detektieren. Das wollte er schon immer mal ausprobieren. Mit einer eilig zusammengestellten Task Force eilte er zum Tatort. Agent 2728 hechelte hinterher und berichtete, dass sie bei der Flammenphotometrie eine violette Färbung beobachtet hatten. „Es muss eine nicht unerhebliche Menge an Kalium in der Flüssigkeit sein“, schloss 2728 aufgeregt. Agent 2729 brummte. Das Ganze wurde immer mysteriöser.
Am Tatort entdeckte Agent 2729 sofort die Wischspuren auf der Türschwelle. Warum war das vorher keinem aufgefallen? Agent 2726 erinnerte sich, dass die verdächtige Person ein Porzellangefäß in der Hand gehabt hatte. Porzellan! Endlich was Handfestes! Agent 2729 löste Alarm rot aus, Laserstrahlen funzelten in Kniehöhe, Lichtvorhänge erschienen in den Durchgängen. „Niemand bewegt sich“, warnte er, und ließ sich vorsichtig auf die Knie nieder. Er schnupperte an der mittlerweile eingetrockneten Lache. „Kaffee!“, spie er aus. Seine Augen funkelten wild, an seiner Schläfe pochte eine Ader. Agent 2731 zückte die Ausdrucke mit den Testergebnissen. Natürlich, jetzt ergab alles einen Sinn. Er nickte zufrieden. Ein weiterer Erfolg für die Labor-Asse. Wieder einmal wurde ein Kapitalverbrechen aufgeklärt: Kaffeegenuss außerhalb des Kaffeeraumes!