Editorial

Pfannen-Variationen

Erlebnisse einer TA (89)

Annette Tietz


Die TA

Mein Feierabend war schon in Sicht, die Zentrifuge surrte gemächlich und alles war entsprechend ruhig im Labor. Da schrie mein Kollege Hannes plötzlich: „So ein Mist!“

Tja, dachte ich, die Wissenschaft hält leider auch kurz vor Feierabend noch Überraschungen bereit. Hannes kam um die Ecke: „Ah, Du bist noch da – schön!“ Mein Alarmlämpchen sprang direkt von hellgrün nach orange-rot. „Äh, wie lange bist Du denn heute da?“ Alarmlämpchen dunkelrot! „Wie immer bis 17 Uhr, warum?“ Hannes‘ Gesichtsausdruck wechselte zu „extrem erleichtert“ – mein Alarmlämpchen schlug Kapriolen. „Sag mal, könnte ich Dir meine Tochter hier im Labor sitzen lassen? Ich muss nämlich gleich meinen Vortrag halten und meine Frau steht im Stau und konnte sie nicht pünktlich abholen.“ Alarmlämpchen beruhigte sich: „Klar, kein Problem – lass sie bei mir!“ Hannes gab Lena noch eine kurze Gefahrenaufklärung, setzte sie vor seinen Computer und startete „Tom und Jerry“.

Zunächst lief alles wie immer, abgesehen von „Tom und Jerry“. Ich arbeitete wie gewohnt, und Lena saß brav auf ihrem Drehstuhl. Wie von Papa befohlen, „weil es ja so viele gefährliche Sachen im Labor gibt, die Du nicht kennst. Also ja nix anfassen hier!“

Kind undercover?

Etwas später nur stand Lena jedoch plötzlich neben mir: „Du, der Tom hat dem Jerry gerade eins mit der Pfanne übergezogen – das darf man doch nicht, gell?“ Na toll, jetzt musste ich offenbar auch noch pädagogisch tätig werden.

Doch sie schwenkte schon um: „Weißt Du, ich kenne doch ganz viele Sachen, die ihr hier im Labor habt – die haben wir auch zu Hause!“ Ja herrlich, jetzt kommt‘s raus – der Hannes hat ein Privatlabor zu Hause und kocht Drogen nach. Könnte ja sein.

„So ‘ne Mikrowelle haben wir auch in der Küche, und Kaffeetassen hat der Papa auch immer auf dem Tisch stehen – so wie hier.“ Au weia, hat womöglich die Sicherheitsprüferin Lena geschickt, um unauffällig unser Labor zu checken? Mein Alarmlämpchen sprang wieder an.

„Und so was hat mein Papa auch, das ist ein Akkuschrauber, gell?“ Ich drehte meinen Kopf in Richtung vermeintlichem Akkuschrauber, sah aber nur unseren Pipetboy. Für Kinderaugen könnte der aber tatsächlich wie ein Akkuschrauber aussehen.

Gnadenlos setzte sie ihren Streifzug durch unser Labor fort. Ich fragte mich gerade, ob ich sie nicht zurück zum bösen Tom schicken sollte, als mein Timer mich aus meinen Gedanken riss. Lena fragte verwundert: „Musst Du jetzt aufstehen? Oder warum klingelt Dein Wecker?“ „Äh, was, ich...“

Doch Lena war schon weiter: „Oh, gibt es die auch in Rosa?“ Sie stand vor der Gelkammer, in der mein PCR-Gel lief. Was, bitte sehr, soll es da in Rosa geben? „Ist Blau Deine Lieblingsfarbe?“ Ehrlich gesagt, hatte ich mir bis zu Lenas Besuch nie Gedanken über meine Lieblingsfarbe gemacht. Ich stand also auf, um zu verstehen, worum genau es sich handelte. Sie deutete auf die blauen Banden vom Loading-Puffer und stellte selbstbewusst fest: „Blau muss Deine Lieblingsfarbe sein, sonst hättest Du da ja nicht überall was davon hingemalt!“ Ja, so einfach kann die Wissenschaftswelt sein!

Lena setzte ihre Laborinspektion fort. „Ah, das da kenn‘ ich auch vom Camping!“ Sie deutete auf den Magnet­rührer. „Gell, da kann man ‘ne Pfanne drauf stellen und Rühreier kochen!“ „Äh...“, wollte ich gerade ansetzen – doch ich blieb still. Ich fand plötzlich, es war besser eine Pfanne auf den Magnetrührer zu stellen als sie einer armen Maus über den Schädel zu ziehen.



Letzte Änderungen: 01.08.2018