Wirkstoff des Monats: Neue Migränemedikamente

von Karin Hollricher (Laborjournal-Ausgabe 1-2, 2020)


Editorial
Stichwort

(09.02.2020) Für Migränepatienten gibt es neue Therapiemöglichkeiten. Im letzten Jahr ließ die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) mehrere Medikamente zur Behandlung von Migräne in den USA zu. Einige davon sind auch schon in der EU erhältlich, andere befinden sich im Zulassungsverfahren. Alle diese Mittel nehmen Einfluss auf den Signalweg, der durch den Calcitonin-Gene-Related-Peptide-(CGRP)-Rezeptor gesteuert wird.

CGRP ist ein kurzes Neuropeptid, das durch alternatives Spleißen aus der Calcitonin-mRNA entsteht. Migräne kann entstehen, wenn CGRP von Neuronen ausgeschüttet wird, die zum trigeminovaskulären System gehören. Die Peptide bewirken dann eine Entzündungsreaktion in der Hirnhaut samt einer Erweiterung der angrenzenden Blutgefäße, was zusammen die Schmerzen verursacht. Hemmt man die Signalübertragung vom CGRP-Rezeptor, wirkt sich das positiv auf die Kopfschmerzen und andere typische Migränesymptome aus.

Editorial

Zu den neuen Wirkstoffen zählen sowohl Antikörper gegen CGRP selbst wie auch Antikörper und Antagonisten, die an den CGRP-Rezeptor binden.

Mit Fremanezumab (Aiovy) von Teva/Pfizer und Galcenezumab (Emgality) von Lilly erhielten 2019 monoklonale Antikörper gegen CGRP in Europa eine Zulassung zur Migräneprophylaxe. Die Antikörper halten lange durch, man muss daher nur alle paar Wochen Nachschub injizieren.

Direkt an die Rezeptoren binden sowohl der Antikörper Erenumab (Aimovig) von Novartis wie auch der Antagonist Ubrogepant (Ubrelvy) von Allergan – und stoppen damit die Signalübertragung. Ubrogepant ist ein Akutmedikament, das im Dezember von der FDA zugelassen wurde. Für die EU wurde ein Zulassungsantrag gestellt.

Gepante wie Ubrogepant stellen eine neue Substanzklasse dar, die Patienten ausprobieren können, wenn ihnen Triptane, die Klassiker der Migränetherapie, nicht helfen. Das Gleiche gilt für Ditane wie Lillys Lasmiditan, welche selektiv am Serotoninrezeptor-Subtyp 5-HT1F angreifen. Beide Klassen wirkten in Phase-III-Studien zur Akuttherapie eines Migräneanfalls besser als Placebo.

Ist folglich eine Revolution der Migränetherapie in Sicht? Leider nein, das kann man nicht behaupten. Auch diese neuen Wirkstoffe helfen nicht jedem Migränepatienten, wie die Studien zeigten. Aber vielen Schmerzgeplagten helfen sie schon – und sie können eine Alternative für diejenigen sein, die wegen Herzkreislauf-Erkrankungen Triptane nicht nehmen dürfen.



Letzte Änderungen: 09.02.2020