Editorial

Wirkstoff des Monats: Der Trikafta-“Dreier“

von Karin Hollricher (Laborjournal-Ausgabe 6, 2020)


Stichwort

(08.06.2020) Viele Patienten mit cystischer Fibrose (CF) könnten noch in diesem Jahr besser durchatmen, denn in der EU läuft ein Zulassungsverfahren für Trikafta. Probanden und Patienten in den USA, wo das Medikament im Herbst 2019 zugelassen wurde, berichten in YouTube-Videos, es sei ein „Life Changer“ und habe ihre Symptome innerhalb von Tagen deutlich verbessert. Sogar bei Patienten im Endstadium bewirke das Medikament eine Verbesserung der Symptome.

Trikafta wurde von der US-Firma Vertex Pharmaceuticals entwickelt. Es enthält die Wirkstoffe Ivacaftor (VX-770), Tezacaftor (VX-661) und Elaxacaftor (VX-445). Die Kombination aus Ivacaftor und Tezacaftor ist in der EU unter dem Namen Symkevi seit 2018 auf dem Markt und wurde bereits hoch gelobt. Trikafta soll noch besser wirken.

Die drei Wirkstoffe in Trikafta sind kleine Moleküle, die die Funktion des Chlorid-Kanals CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator) verbessern, der bei CF-Patienten defekt ist. CF ist eine genetische, rezessiv vererbte Erkrankung. Man kennt Hunderte von Mutationen in dem 189 kB großen CFTR-Gen. Sie beeinträchtigen die Funktion von CFTR auf zwei verschiedene Weisen:

  • Ein Defekt-Typ des Proteins wird nicht korrekt gefaltet. Intakte CFTR-Proteine werden am ER synthetisiert und über den Golgi-Apparat zur Zellmembran geschleust. Instabile Moleküle aber können das ER nicht verlassen, sondern werden dort ubiquitiniert und abgebaut. Eine fehlerhafte Faltung entsteht beispielsweise durch Mutation des Phenylalanins an Position 508 (ΔF508). Sie ist die häufigste aller CFTR-Mutationen, 90 Prozent der Patienten haben zumindest ein defektes Allel.
  • Beim zweiten Typ von Mutationen gelangen die Kanalproteine zwar problemlos in die Zellmembran, funktionieren dort aber nicht richtig. Bei etwa fünf Prozent der CF-Patienten findet man solche Gating-Mutationen.

Entsprechend teilt man die Wirkstoffe in zwei Klassen auf: Korrektoren helfen, die fehlgefalteten Proteine im ER zu stabilisieren, sodass mehr Moleküle an ihr Ziel gelangen. Dazu zählen Tezacaftor und Elaxacaftor. Potentiatoren wie Ivacaftor dagegen helfen dem Protein, das vorschriftsmäßig in der Zellmembran sitzt, sich häufiger zu öffnen und so die Kanalfunktion tatsächlich auszuüben. Wie das alles molekular funktioniert, weiß man nicht genau.

Trikafta greift also auf beiden Ebenen an, wirkt somit synergistisch und kausal. In den USA können Patienten, die mindestens heterozygot für die Mutation ΔF508 und älter als 12 Jahre sind, Trikafta erhalten. Dass die europäische Zulassungsbehörde EMA exakt diese Indikation übernehme, forderte in einem offenen Brief CF Europe, die Vertretung von 48 nationalen CF-Vereinigungen. Während die FDA ihre Zustimmung innerhalb von drei Monaten bekanntgab, hat es die EMA anscheinend nicht so eilig. Ende Oktober teilte Vertex mit, die Arzneimittelagentur habe den Antrag auf Vermarktung angenommen. Aber bis heute ist das Medikament trotz Aufnahme in das „Accelerated Assessment Programme“ nicht zugelassen.



Letzte Änderungen: 08.06.2020