Editorial

Wir gegen das Virus!

(08.02.2021) SARS-CoV-2 kann nur mit vereinten Kräften besiegt werden. Das Open-Source-Projekt LabHive sucht Mitstreiter für ein starkes Diagnostik-Netzwerk.
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Im Kampf gegen die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus kommt dem Testen eine besondere Bedeutung zu. Nur wenn Infizierte frühzeitig, am besten noch bevor sie Symptome entwickeln, identifiziert werden, lässt sich eine Weitergabe des Virus verhindern. Laut Robert-Koch-Institut werden zurzeit wöchentlich über eine Million Testungen durchgeführt, doch das reicht nicht aus, um das von der WHO gesetzte Ziel einer Positivrate von unter fünf Prozent zu erreichen.

Hinzu kommt, dass das Auftreten neuer Virus­varianten – wie die aus England stammende Variante B.1.1.7, die besonders leicht übertragbar zu sein scheint – es nötig macht, ganze Virus­genome zu sequenzieren. Eine zeitauf­wändige Prozedur, die nicht in allen Laboren durch­geführt werden kann. So schränkt in der Realität ein Mangel an ausgebildetem Personal oder an technischer Ausrüstung die Testkapa­zitäten vielerorts ein.

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Tausende Ideen

Hier Abhilfe leisten möchte das Open-Source-Projekt LabHive, das nach dem #WirVsVirus-Hackathon der Bundes­regierung, der im März 2020 stattfand, zur Umsetzung ausgewählt und in der Anfangszeit durch das Bundes­ministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde. Ein „Hackathon“ (Kunstwort aus „Hack“ und „Marathon“) ist eine Veran­staltung oder Initiative – ursprünglich aus der Soft- und Hardware-Entwicklung kommend –, bei der Teilnehmer aus verschie­denen Fach­gebieten in fächer­übergreifenden Teams Lösungen für gegebene Probleme suchen.

Im Fokus von #WirVsVirus standen Projekte zur COVID-19-Pandemie, wie Eleonora Nushi, Ärztin und medizinische Expertin bei LabHive erklärt: „Mehr als 26.000 Menschen arbeiteten 48 Stunden lang an über 1.500 Lösungen. Gruppen von Biologen, Medizinern, Program­mierern, Designern und Tüftlern trafen sich dort und begannen, an Ideen zu arbeiten.“

Koordination von Ressourcen

Zwei der an #WirVsVirus beteiligten Teams haben sich später zu LabHive zusammen­geschlossen, um ein starkes diagnostisches Netzwerk aufzubauen. „Wir sind ein inter­disziplinäres Team, das die Überzeugung teilt, dass Testen ein essenzieller Faktor ist, um eine weitere Ausbreitung der SARS-CoV2-Pandemie zu verhindern“, so Nushi. „Aus diesem Grund haben wir die Plattform LabHive als Koordina­tionsinstrument entwickelt, um physische Ressourcen und Personal schnell zu erfassen und bei Bedarf an Diagnostik­labore zu vermitteln.“ Auf diese Weise soll Einrich­tungen, deren Testkapa­zitäten ausgelastet sind, Zeit und Arbeit bei der Suche nach Diagnostik­laboren erspart werden.

In der kuratierten LabHive-Datenbank können Nutzer einerseits nach diagnostischen Laboren suchen. Andererseits können qualifizierte Freiwillige – also ausgebildete Wissen­schaftler und TA – ihre Arbeitskraft sowie Forschungs­labore ihre Reagenzien und Labor­geräte zur Verfügung stellen. „Nach der freiwilligen Registrierung werden die vorhandenen Ressourcen fachlich validiert und transparent gemacht“, erläutert Nushi. „Angebot und Bedarf werden regional optimiert miteinander vernetzt und Diagnostik­zentren somit in die Lage versetzt, aus den Angeboten zu wählen und die Unter­stützung in Anspruch zu nehmen.“ Zurzeit (Stand: 03.02.2021) sind auf der Plattform 50 qualifizierte Freiwillige, 17 Labore und Zulieferer sowie 18 Diagnostik­labore registriert. Arbeiten, die von Freiwilligen über­nommen werden, umfassen vor allem die Aufbereitung klinischer Proben, Isolierung von RNA mit einem Kit, Durch­führung von quantitativer PCR oder die Analyse von Daten.

Unterstützung fürs RKI

Von Mitte April bis Ende September wurde LabHive als eines von insgesamt 130 Projekten durch das Förder­programm „WirVsVirus Solution Enabler“ sowie durch ein „Prototype-Fund“-Stipendium vom BMBF unterstützt. Seit Ende 2020 haben sich mehrere der geförderten Projekte zusammen mit weiteren Projekten zum Innovations­verbund Öffentliche Gesundheit zusammen­geschlossen. Seit die Förderung durch das BMBF im Oktober ausgelaufen ist, arbeitet das LabHive-Team aus Wissen­schaftlern, Ärzten, Webent­wicklern und Sicherheits­experten ehrenamtlich weiter an der Entwicklung und Umsetzung der LabHive-Plattform. „Mit der Unter­stützung von unseren Nutzern verbessern und entwickeln wir unsere Plattform weiter“, beschreibt die medizinische Expertin Eleonora Nushi ihre Arbeit. „Praktisch versuchen wir möglichst viele Freiwillige, medizinische und wissen­schaftliche Labore, und momentan vor allem sequenzier­fähige Labore zu erreichen, um mehr SARS-CoV-2-Tests möglich zu machen.“

Letzteres ist vor allem dem Auftreten neuer Virus­varianten geschuldet, deren Verbreitung nur nachverfolgt werden kann, wenn ausreichend viele Virusgenome sequenziert werden. Deshalb unterstützt LabHive den vom RKI ins Leben gerufene Deutschen Elektro­nischen Sequenzdaten-Hub (DESH), der gegründet wurde, um sequenzier­fähige Labore zu koordinieren. Diese können sich bei LabHive registrieren und ihre Kapazitäten eingeben. Ihre Profile sind dabei nur für den DESH und andere registrierte Labore einsehbar.

Ein Aufruf von LabHive auf Twitter war laut Nushi für DESH sehr erfolgreich: „Es haben sich 12 Labore angemeldet. Es ist aber noch viel Luft nach oben, und man kann sich weiterhin melden.“ Der Twitter-Kanal @lab_hive informiert regelmäßig über die aktuelle Lage.

Larissa Tetsch

Bild: LabHive




Letzte Änderungen: 08.02.2021