Editorial

Auf den Kopf gestellt

(19.07.2023) Bei der Affinitätsreinigung mit magnetischen Beads pipettiert man den Überstand manuell ab. Viel schneller geht’s per Upside-down-Zentrifugation.
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Ärgern Sie sich auch jedes Mal über enttäuschend niedrige Eluat-Volumen bei der Affinitäts­reinigung? Mit kommerziellen Standard-Säulchen bleibt meist wenig Spielraum, um die Ausbeute zu steigern. Verwendet man für die Reinigung kleine Kügelchen beziehungsweise Beads, sieht die Sache etwas besser aus. Mit einem ruhigen Pipettier­händchen und genügend Zeit lässt sich der ein oder andere Mikroliter mehr herausholen. Aber leider variieren die Ausbeuten von Probe zu Probe – und zwar umso stärker, je kleiner das Volumen der Probe im Verhältnis zum Volumen der Beads ist. Das gilt auch, wenn man die Reinigung mit Pipettier­robotern automatisiert, um das Protokoll zu beschleunigen. Dass sich der Interessen­konflikt zwischen Ausbeute und Aufwand bei Bead-basierten Reinigungs­techniken auch ohne blechernen Assistenten lösen lässt, zeigt Yukiko Gotohs Team an der Universität Tokio.

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Fixieren und schleudern

Für die Methode sind magnetische Beads essentiell, deren Hüllen mit winzigen super­paramag­netischen Nanopartikeln aus Eisenoxid überzogen sind. Im Gegensatz zu Permanent­magneten zeigen diese nur in einem Magnetfeld magnetische Eigenschaften. Mit magnetischen Beads lassen sich auch Proben mit hohem Bead-Anteil verarbeiten. Dazu stellt man die Röhrchen oder Platten mit den Proben in ein passendes Magnet-Rack, das Magnetfeld fixiert die Beads am Boden oder an der Wandung des Gefäßes, anschließend kann man den Überstand abheben. Ignoriert der Experimentator jedoch einen ausreichenden Sicherheits­abstand zwischen Pipetten­spitze und Beads, besteht die Gefahr, dass er auch einige Beads erwischt. Durch zusätzliches Zentrifugieren kann er das Malheur zwar ausbügeln, verliert dabei aber wieder kostbare Zeit.

Die Japaner kamen daher auf die Idee, die Zentrifugation von vornherein in das Protokoll zu integrieren, sie jedoch auf den Kopf zu stellen: Statt die Beads durch die Zentri­fugal­kraft am Boden des Reaktions­gefäßes festzuhalten, um sie vom Überstand zu trennen, schleudern sie den Überstand aus dem Gefäß und fixieren die Beads dabei mit einem Magneten am Boden.

Von Transfer- kopfüber in die Auffangplatte

Die Technik funktioniert auch im Hochdurchsatz mit 384-Well-Platten, dazu ist aber eine spezielle Transfer­platte nötig. Um DNA mit magnetischen Beads zu reinigen, mischte Gotohs Gruppe die Probenlösung mit Strept­avidin-bemantelten Beads und pipettierte die Mischung in eine 384-Well-Platte. Anschließend stellte sie die befüllte Platte auf eine passende Magnetplatte, drehte den Plattenstapel danach auf den Kopf und platzierte ihn auf der Transferplatte. Unter der Transfer­platte befand sich eine weitere 384-Well-Platte, die als Auffang­platte diente.

Den kompletten Plattenstapel setzte das Team – mit der Auffang­platte nach unten – in den Ausschwingrotor einer Platten­zentrifuge ein. Durch die Magnetplatte werden die Beads am Boden der Probenplatte fixiert, während die Probenflüssigkeit den Gravitations­gesetzen gehorcht und durch die Transfer- in die Auffang­platte wandert. Die Zentri­fugal­kraft darf aber nicht zu hoch sein – sie würde die magnetischen Beads sonst ebenfalls in die Auffangplatte befördern.

Die japanischen Forscher und Forscherinnen spielten das Zentri­fugations­protokoll mit Zentri­fugal­beschleunigungen von 50 bis 300 g sowie Bead-Volumina von eins, zwei und fünf Mikrolitern durch. Dabei testeten sie Beads von fünf verschiedenen Herstellern, die Durchmesser von ein bis 2,8 Mikrometer aufwiesen. In gepoolten Eluaten aus jeweils 16 Wells bestimmten sie die zurück­gewonnenen Volumen und deren Variabilität. Lag das Bead-Volumen unter fünf Mikrolitern, waren die Ausbeuten inakzeptabel niedrig und schwankten zu stark. Bead-Volumina über fünf Mikroliter sowie 30 Sekunden Zentrifugation mit einer Zentri­fugal­beschleunigung von 200 bis 300 g erwiesen sich als optimal. Bei diesen Bedingungen war auch der Transfer der Flüssigkeit während der Zentrifugation nahezu perfekt – über neunzig Prozent des Überstands fanden den Weg in die Auffang­platte. Die Rück­gewinnungs­rate des Überstands war damit ähnlich hoch wie beim manuellen oder automatisierten Pipettieren. Die Gruppe empfiehlt jedoch, die optimale Konstellation von Beads, Magnetplatte und Zentri­fugal­beschleunigung jeweils individuell zu bestimmen.

Auch für den Hochdurchsatz

Ursprünglich war das Zentri­fugations­protokoll der Japaner für den letzten Schritt einer Affinitäts­reinigung gedacht – es kann aber auch die vorangehenden Schritte erleichtern und helfen, Pipettenspitzen zu sparen. Im 384-Well-Format spielten die Forschenden alle Schritte durch: vom Mischen der Proben mit den Beads über das dreimalige Waschen mit 85-prozentigem Ethanol und der Trocknung bis zur Elution. Alles funktionierte tadellos und auch Kreuz­kontami­nationen bei der Reinigung von DNA traten nicht auf. Die Gruppe geht daher davon aus, dass die Methode auch für den Hochdurchsatz geeignet ist.

Ein Manko, das den Spaß bei einigen Anwendungen verderben könnte, gibt es dennoch: die Transferplatte aus Polypropylen taugt nicht für ölige sowie stark tensid­haltige Flüssigkeiten, weil diese nicht sauber von der Proben- in die Auffang­platte übertreten. Mit modifizierten Platten­materialien könnte man dieses Problem jedoch in den Griff bekommen.

Andrea Pitzschke

Sugishita H. et al. (2023): A centrifugation-based method for high-throughput biomaterial separation using magnetic microbeads. BioRxiv, DOI: 10.1101/2023.04.26.538353

Bild: Pixabay/karmasprenger




Letzte Änderungen: 19.07.2023