Vertrauen ist gut,...
Was können Zitationsvergleiche ... nicht unbedingt?
Klingel war ein äußerst gewissenhafter, ja geradezu tugendhafter Mann. Er gehörte zu dieser Forschergattung, deren Vertreter noch für einen bestimmten Ethos in der Wissenschaft standen. Deren oberstes Ziel einzig die selbstlose Suche nach Erkenntnis und Wahrheit war. Und die damit komischerweise immer irgendwie verstaubt und altmodisch wirkten.
Klingel veröffentlichte nichts, wenn die Daten nicht absolut frei von Zweifeln waren. Kontrollen waren ihm geradezu heilig; erst wenn auch das letzte unabhängige Kontrollexperiment gemacht war, setzte er sich an das Manuskript. Damit fuhr er lange gut. So gehörte er zwar nicht zu den "Vielschreibern", die nach dem Motto der "hauchdünnen Salamischeiben" veröffentlichten. Aber auf seine Publikationen konnte man sich verlassen, die standen immer auf solidem Fundament. Und dafür schätzten ihn die Kollegen.
Das war heutzutage keineswegs mehr selbstverständlich. Im Zeitalter des Publish or perish konnte man kaum mehr allem vorbehaltlos trauen, was veröffentlicht wurde. Und das war schlimm, fand Klingel.
Bis es ihn eines Tages selbst erwischte. Im gleichen Atemzug war nämlich Forschung immer komplexer geworden. Und man brauchte immer mehr Kooperationen mit Gruppen, die ganz andere Dinge konnten, um ein Projekt zu einem umfassenden Ergebnis zu führen. Auch Klingel. Und den quälte die Tatsache, dass er bisweilen nicht mehr alle Details in den resultierenden Kooperationspapern verstand, auf denen sein Name stand. Aber wie auch immer, beruhigte er sich selbst, schließlich sind das Wissenschaftler wie ich. Mit ähnlichen Wertvorstellungen und Idealen, wie er hoffte.
Vor vier Jahren war dann Kliniker Maier aus der Inneren an Klingel herangetreten, ob er ihm bei einer "fantastischen Idee" zur Tumortherapie nicht mit seinem zellbiologischen Know how helfen könne. Klingel ließ sich das Projekt erklären – und schlug ein.
In den nächsten Wochen "machte" Klingel also mit seinen Leuten die Zellkonstrukte, die Maiers Habilitand Roller dann ausgewählten Tumorpatienten verabreichte. Und jedes Mal, wenn er Maier traf, schwärmte der wie "sensationell" alles lief.
Drei Monate später war dann der Manuskriptentwurf auf Klingels Schreibtisch. Sah alles sehr gut aus, wie er fand. Nochmal zwei Monate später war der Artikel erschienen. Und er schlug ein wie eine Bombe.