Kein Serum – keine Fluoreszenz
(04.12.2019) Viele Fluoreszenz-Farbstoffe fühlen sich in serumfreien Medien nicht sonderlich wohl. Problematisch ist dies bei Zytometrie-Experimenten.
Um Zellen unter möglichst reproduzierbaren Bedingungen zu kultivieren, verwenden viele Forscher chemisch definierte, serumfreie Medien. Wie sich die Serum-Formulierungen auf die Stabilität von Fluoreszenz-Farbstoffen auswirken, die zum Beispiel in Fluoreszenz-gelabelten Antikörpern für Durchflusszytometrie-Experimente eingesetzt werden, wurde aber bisher nicht weiter untersucht.
Ein Team um den Immunologen Daniel Campbell von der University of Washington School of Medicine in Seattle hat dies nachgeholt und kam zu beunruhigenden Ergebnissen. Die Forscher markierten für ihre Experimente zunächst CDF+-T-Zellen mit Fluoreszenz-gelabelten Antikörpern und resuspendierten diese in einem serumfreien Medium für hämatopoetische Zellen. Anschließend maßen sie die Fluoreszenz der markierten T-Zellen sofort im Dunkeln und nach einer fünfminütigen Beleuchtung in der Injektionskammer eines Cell Sorters mit LED-Licht. Zwei der verwendeten Farbstoffe (CD45RA-AlexaFluor700 und CD127-PE/Cy7) wiesen nach der Beleuchtung nur noch ein Zehntel ihrer ursprünglichen Fluoreszenz-Intensität auf.
Puffer mit und ohne Serum
Um der Sache weiter auf den Grund zu gehen, labelten Campbells Mitarbeiter mononukleäre Zellen des peripheren Blutes (PBMC) mit CD4-AF488 und dem Tandemfarbstoff CCR6-PE/Cy7. Bei Letzterem agiert PE beim Förster-Resonanz-Energie-Transfer als Donorfarbstoff, der seine Energie auf den Akzeptor Cy7 überträgt. Danach resuspendierten sie die Zellen entweder in einem Färbepuffer, der Kälberserum enthielt, oder in verschiedenen serumfreien Medien und maßen anschließend die Fluoreszenz-Intensität im Dunkeln. Zusätzlich bestimmte die Gruppe auch das sogenannte Spillover-Signal im PE-Detektor. Dieses tritt auf, wenn PE die Energie nicht auf Cy7 überträgt und sie als Fluoreszenz-Signal im PE-Detektor landet. Ähnlich wie beim ersten Experiment, wurde die Fluoreszenz-Intensität sowie das Spillover-Signal sofort im Dunkeln und nach einer einstündigen Beleuchtung mit einer Fluoreszenzlampe gemessen.
Auch in diesem Fall war das Ergebnis eindeutig: Wurden die markierten PBMC-Zellen in serumhaltigem Puffer suspendiert, veränderten sich nach der einstündigen Beleuchtung weder die Fluoreszenz-Intensität noch die Stärke des Spillover-Signals. Im serumfreien Medium dagegen verringerte sich die Fluoreszenz-Intensität und das Spillover-Signal nahm in einigen der verwendeten Medien deutlich zu.
Serum schützt oder stabilisiert
Theoretisch gibt es zwei Gründe, warum Fluoreszenz-Farbstoffe im serumfreien Medium einen großen Teil ihrer Intensität einbüßen: Die Zellen sterben mangels Schutz oder Kompensation durch das Serum. Oder das Serum hat stabilisierende Eigenschaften, die Fluoreszenz-Farbstoffe vor Schäden durch Licht bewahren.
Um zwischen den zwei Möglichkeiten zu unterscheiden, verwendeten die Forscher Fluoreszenz-Farbstoff-markierte Kügelchen (Beads) anstelle von Zellen und unterzogen diese der gleichen Beleuchtungs- und Analyseprozedur. Auch hier schwand die Intensität der Fluoreszenz-Farbstoffe im serumfreien Medium: Der Zerfall der Farbstoffe tritt demnach unabhängig von den Zellen auf.
Auf der Suche nach einer Substanz, die den Farbstoff-Zerfall im serumfreien Medium aufhalten könnte, fiel Campbells Gruppe Vitamin C als möglicher Retter ein. Und tatsächlich reduzierte zugesetztes Vitamin C (1 mM), zumindest in einem Teil der eingesetzten serumfreien Medien, den Verlust der Fluoreszenz-Intensität. Aber auch Vitamin C ist keine wirkliche Lösung des Problems: Es beeinflusst unter anderem den Stoffwechsel von Zellen und verfälscht dadurch Ergebnisse. Campbell und sein Team geben deshalb den einfachen Rat, bei Zytometrie-Experimenten die Finger von serumfreien Medien zu lassen.
Andrea Pitzschke
Morawski P. et al. (2019): Rapid light-dependent degradation of fluorescent dyes in formulated serum-free media. BioRxiv, DOI: 10.1101/578856