Sequenzieren mit Strichcode-Primern
(11.09.2019) NGS-Bibliotheken während der reversen Transkription einen Barcode verpassen, ist recht umständlich. Einfacher geht‘s mit der BART-Seq-Technik.
Füttert man ein Sequenziergerät mit vielen unterschiedlichen DNA-Proben, so kommt als Output ein ziemliches Sequenz-Wirrwarr heraus. Um zu wissen, welche Reads von welcher Probe stammen, muss man die einzelnen Proben separat abarbeiten. Wirtschaftlicher geht es mit der Massenabfertigung, beziehungsweise dem Multiplexing. Hier befinden sich alle DNA-Proben in ein und demselben Analysetopf und werden mit Barcodes gelabelt, mit denen sich die Reads einer Probe zuordnen lassen.
Die Strichcodes werden meist mithilfe spezieller Annealing- oder Zwei-Schritt-PCR-Verfahren an die Zielsequenzen angehängt. Aufgrund der vielen Zwischenschritte sind jedoch große Proben-Mengen nötig und auch die Gefahr verfälschter Ergebnisse steigt hierdurch an. Eine wesentlich sparsamere und elegantere Barcodierungs-Technik dachten sich Micha Drukker und sein Team vom Institut für Computational Biology am HelmholtzZentrum München aus.
Leichte Zuordnung
Bei ihrer „Barcode Assembly for Targeted Sequencing“ oder kurz BART-Seq-Technik sind bereits die Primer, mit denen die Zielgene amplifiziert werden, mit einem Strichcode ausgestattet. Die Barcode-Primer passen zu nicht-variablen Abschnitten ihres Zielgens: Sie sollen diese völlig unabhängig vom jeweils vorliegenden Allel binden und mit gleicher Effizienz amplifizieren können. Weiß man, welcher Barcode einst an welchem Primer hing, kann man die Amplikons nach der Sequenzierung der jeweiligen Probe zuordnen.
Forward- und Backward-Primer werden aus zwei einfachen Grundbausteinen hergestellt: acht Nukleotide langen Barcodes mit einer angehängten zehn Nukleotide langen Adapter-Sequenz sowie genspezifischen reversen komplementären (rc) Primern, an denen ebenfalls eine zehn Nukleotide lange Adaptersequenz hängt. Im ersten Schritt der Primer-Synthese hybridisieren die Adaptersequenzen. Anschließend füllt ein Klenow-Fragment die Lücken bis zu den beiden Enden auf und eine danach eingesetzte Exonuklease entfernt den reversen komplementären Strang (eine Schutzgruppe am Barcode-Ende verhindert, dass die Exonuklease am falschen Ende anfängt zu knabbern). Übrig bleibt ein einsträngiger Oligo-Primer bestehend aus: Barcode (am 5'-Ende), Adapter sowie genspezifischer Sequenz am 3'-Ende.
Fast alle Mutationen erkannt
Die auf diese Weise hergestellten Sets aus barcodierten Forward- und Backward-Primern setzte das Münchner Team ein, um spezifische Loci in den mit Brust- beziehungsweise Eierstock-Krebs assoziierten Genen BRCA1 und BRCA2 zu amplifizieren. Nach der PCR wurden alle Proben, die von 96 Patientinnen mit Brustkrebs stammten, vereint und per NGS sequenziert.
Eine von der Gruppe entwickelte freizugängliche Software ordnete die gelesenen Sequenzen mithilfe der Barcodes den jeweiligen Proben zu. In 95 der 96 Fälle erkannte BART-Seq die entsprechenden Mutationen in BRCA1 und BRCA2.
Funktioniert BART-Seq vielleicht auch für Transkript-Analysen? Immerhin, so die Überlegung der Gruppe um Drukker, fallen durch die direkte Barcodierung Zwischenschritte weg, etwa Fragmentierung, Hybridisierung oder Ligation, die bei bisherigen Barcode-basierten RNA-Analyseverfahren Ergebnisse beeinflussen können.
Auch für Transkript-Analysen
Um dies zu klären, verwendete die Gruppe RNA aus pluripotenten Stammzellen in unterschiedlichen Verdünnungen sowie
Spike-in-RNAs zur Normalisierung in rBART-Seq-Experimenten. Die barcodierten Primer waren gegen Pluripotenz- sowie
Housekeeping-Gene gerichtet und wurden nach reverser Transkription in der PCR eingesetzt. Tatsächlich war die Korrelation zwischen der Konzentration der
Template-RNA und der Anzahl der Gene-
Reads sehr hoch, selbst bei winzigen Konzentrationen im Pikogramm-Bereich: rBART-seq eignet sich also auch für Expressionsanalysen.
Drukker und Co. schätzen, dass die Analyse eines mit Einzelzellen oder genomischer DNA gefüllten Wells einer 384-Well-Platte etwa 90 Cent kostet. Und mit etwas Routine ist der BART-Seq-Prozess innerhalb von fünf Tagen zu schaffen.
Andrea PitzschkeUzbas F. et al. (2019): BART-Seq: cost-effective massively parallelized targeted sequencing for genomics, transcriptomics, and single-cell analysis.
Genome Biology, 20:155