Editorial

Qualitätscheck
für Antikörper

(12.10.2022) Wie vertrauenswürdig ist mein For­schungs­antikörper? Im Grunde reichen einige wenige Kriterien aus, die Hersteller und Nutzer beachten sollten.
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Ohne Antikörper wären Forschung und Medizin ziemlich aufgeschmissen. Die Y-förmigen Moleküle sind enorm vielseitig und falls gegen ein bestimmtes Zielmolekül noch kein Antikörper existiert, lässt er sich mit bewährten Standard-Methoden recht einfach produzieren. Der Herstellungs­prozess sollte aber penibel dokumentiert werden. Das erleichtert es, die Produktion des Antikörpers im Bedarfsfall zu steigern, wieder aufzunehmen oder an einem neuen Ort durchzuführen. Zudem ist ein Antikörper nur durch eine nachvollziehbare Herstellung vertrauenswürdig.

Wenn Forscher Antikörper benötigen, etwa um ihre eigenen Experimente oder die von Kollegen zu reproduzieren, sind sie bei einer Bestellung auf klar definierte Antikörper angewiesen. Eindeutige Bezeichnungen sind daher essenziell – „Antikörper-so-und-so“ genügt da ganz sicher nicht und auch Katalog­nummern oder Produktnamen können sich im Laufe der Zeit ändern.

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Minimale Kriterien

Eine Gruppe um Amy Clippinger vom PETA Science Consortium International e. V. in Stuttgart sowie verschiedenen Forschungs­einrichtungen in den USA und Großbritannien hat die minimalen Kriterien zusammen­getragen, die ein vertrauens­würdiger Antikörper erfüllen sollte. Dazu gehören: eine eindeutige Antigen-Identifikation, Angaben zur Antikörper-Identifikation und -spezifität, eine möglichste hohe Konsistenz zwischen einzelnen Chargen sowie zu guter Letzt transparente Produktions­prozesse.

Ist das Antigen ein Protein, sollte seine Zugangs-Nummer (Accession-Number) in einer öffentlich zugänglichen Protein­datenbank angegeben sein, zum Beispiel in Uniprot; bei Protein­fragmenten die entsprechenden Animosäure-Positionen. Kennzahlen (Identifier, ID) sonstiger Molekültypen finden sich ebenfalls in Datenbanken, etwa in CheEBI, Chemical Entities of Biological Interest.

Zum Antikörper selbst sollten alle bekannten Informationen vorliegen: Die Aminosäure-Sequenzen der Antigen-Binderegion(en), der variablen Regionen sowie von schweren und leichten Ketten. Dazu Angaben zur Spezies und gegebenenfalls zum Isotyp, etwa IgA oder IgG, sowie zum Klon. Die Antikörper sollten hierzu mit sogenannten Research Resource Identifiers (RRIDs) der Antibody Registry versehen sein, die in entsprechenden Datenbanken hinterlegt sind, etwa dem RRID-Portal.

Das ABCD der Antikörper

Wo immer möglich, sollten die DNA-Sequenzen des Antikörpers in entsprechenden Datenbanken gespeichert sein, etwa der ABCD-Datenbank (AntiBodies Chemically Defined), um Codon-Usage-Varianz oder Unterschiede in der Translations­effizienz et cetera zu berücksichtigen. In der ABCD-Datenbank sind bereits über 23.000 Einträge zu mehr als 4.000 unterschiedlichen Targets gelistet. Über die Submit-Funktion kann jeder Forscher weitere hinzufügen.

Informationen zu Spezifität und Affinität sind ebenfalls essenzielle Angaben, die man normalerweise auf den Seiten der Antikörper-Hersteller findet. Oft werden dazu Blots, ELISA-Daten oder Ähnliches gezeigt. Die Abbildungen haben aber wenig Aussagekraft, wenn die Informationen zu den Bedingungen des Experiments lückenhaft sind, da zum Beispiel die Spezifität konzentrations­abhängig ist. Zudem muss die Eignung des Antikörpers für unterschiedliche Anwendungen und Parameter (Verdünnung, Inkubations­dauer, -temperatur et cetera) überprüft werden. Ein für die Durchfluss­zytometrie perfekter Antikörper kann für Immuno­präzipitationen oder Western Blots gänzlich unbrauchbar sein.

Lieber keine Überraschungen

Chargen-abhängige Schwankungen sind insbesondere bei polyklonalen Antikörpern nicht zu vermeiden. Bei monoklonalen Antikörpern, etwa von immortalisierten Hybridoma-Zelllinien, sind die Unterschiede zwischen einzelnen Chargen geringer. Doch auch hier sind genaue und regelmäßige Qualitäts­kontrollen wichtig, etwa um Kontaminationen oder Probleme durch genetisch instabile Hybridoma-Zellen rechtzeitig zu erkennen.

Rekombinante Antikörper liefern meist reproduzierbarere Ergebnisse als poly- oder monoklonale Antikörper. Die Angabe, in welchem Organismus sie hergestellt wurden, ist hierbei unerlässlich – wer will schon Überraschungen aufgrund posttrans­lationaler Modifikationen erleben. Anhand der bekannten Sequenz lassen sich die Molekulargewichte und Extinktions­koeffizienten rekombinanter Antikörper sehr einfach bestimmen. Auf lange Sicht könnten diese Parameter helfen, die Produktion rekombinanter Antikörper zu überwachen, die zum Beispiel als Ersatz für poly- oder monoklonale Antikörper eingesetzt werden.

Andrea Pitzschke

Groff K. et al. (2022): An approach to identifying quality research antibodies. BioTechniques, DOI: 10.2144/btn-2022-0071

Bild: Pixabay/viarami (Lupe) & Thermo Fisher Scientific (Antikörper)




Letzte Änderungen: 12.10.2022