Editorial

Extraktion mit
Fakirbett

(25.01.2023) Die Extraktion von pflanzlicher DNA ist meist mühsam und zeitraubend. Mit nadel­bewehrten Plastikstreifen geht’s schneller und einfacher.
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Mit Schweizer Nadelstreifen zur DNA-Probe

Am Tatort hat der Kommissar immer Klebeband parat, um spontan Finger­abdrücke zu sichern, die er dann gegen eine entsprechende Datenbank abgleichen lässt. Ganz ähnlich verhält es sich mit den dünnen, mit Nadeln bestückten Plastik­streifen, die Sebastian Maerkls Team an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne entwickelt hat. Nur sammeln diese nicht Finger­abdrücke, sondern DNA-Proben ein. Damit lässt sich beispielsweise feststellen, mit welcher Pflanzen­spezies man es konkret zu tun hat. Maerkls Gruppe schwebte vor, mit den Streifen Proben von beliebigen Pflanzen schnell und unkompliziert nehmen und daraus rasch DNA in Sequenzier-Qualität gewinnen zu können. Alles sollte möglichst in Eigen­produktion ablaufen, um unabhängig zu sein und die Kosten zu minimieren.

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Saft zwischen Nadeln

Die „Microneedle Patches“ aus Lausanne sind aus einem biegsamen Hydrogel gefertigt und sehen aus wie kleine durchsichtige Fakirbetten – auf einem Quadrat­zentimeter stehen 121 kleine Plastiknadeln heraus, die Unterseite ist flach. Um mit dem Nadelstreifen an DNA zu gelangen, drückt man die Nadelseite etwa zehn Sekunden lang zwischen Daumen und Zeigefinger gegen ein Blatt. Der Pflanzensaft nebst DNA landet dabei auf und zwischen den Nadeln. Für dünnblättrige Pflanzen kann man zwei bis drei Blätter aufeinander­stapeln, damit die Nadelspitzen im Pflanzen­gewebe und nicht im Finger enden.

Die Schweizer testeten die Nadelstreifen an 13 Spezies quer durch die Botanik – Mono- und Dikotyledonen, dick- und dünnblättrige, fleischige und fragile, alles war vertreten. Um nach dem Proben­sammeln an die DNA zu gelangen, wird der Nadelstreifen in 50 Mikroliter Wasser gespült, indem man das Wasser mehrmals auf und ab pipettiert. Das Waschen sollte man aber nicht übertreiben und maximal eine Minute lang durchführen. Sonst besteht die Gefahr, dass man nicht nur die DNA, sondern das Hydrogel des Streifens gleich mit auflöst. Leider kann man die DNA in den eluierten Proben nicht unmittelbar amplifizieren und sequenzieren, sondern muss sie mit Mini-Säulchen aufreinigen. Diesen kleinen Wermuts­tropfen, der neben Zeit auch Geld kostet, will Maerkls Team aber noch eliminieren.

Vier Regionen im Test

Die Eluate in 30 Mikroliter Wasser liefern reichlich DNA in ausreichender Qualität, um einschlägige DNA-Regionen in Plastiden oder im Kern amplifizieren und sequenzieren zu können. Die Gruppe wählte die vier häufig für die Barcodierung in Pflanzen verwendeten DNA-Regionen matK, rbcL, trnH-psbA sowie ITS für einen Test aus. Für diese Regionen waren bei jeder Pflanzen­spezies Amplifikations­produkte zu erwarten, deren Sequenzen man nur noch mit den Einträgen in Datenbanken abgleichen musste. Die Sequenzierung der PCR-Produkte ließen die Lausanner mit der klassischen Sanger- sowie der Nanoporen-Sequenzierung durchführen.

In einigen der extrahierten DNA-Proben fand das Team nach der PCR keine Amplifikations­produkte. Diese scheinbar willkürlichen Aussetzer kamen aber auch nach der DNA-Extraktion mit einem Kit vor. Summa summarum eignet sich die DNA-Extraktion mit dem Nadelstreifen genauso gut für die DNA-Extraktion wie die klassische Methode – sie ist aber ungleich schneller und billiger. Ein Nadelstreifen schlägt mit circa 30 Cent zu Buche, das Reinigungs­säulchen mit weiteren 1,30 Euro. Ein kommerzieller Kit für die Extraktion und Reinigung der DNA kostet hingegen 4,50 Euro.

Drucken, übergießen, zentrifugieren und warten

Wie gelangt man an die kleinen Fakirbetten? Mit dem 3D-Drucker stellt man zunächst eine Master-Gussform aus dem Kunststoff PDMS her, die dem Nadelstreifen schon ähnelt. Die Gussform überdeckt man mit PDMS und erhält hierdurch eine negative Form, die statt Nadeln, dünne Vertiefungen enthält. Die erhitzten, gewaschenen und getrockneten PDMS-Vorlagen arrangiert man in einer 12-Well-Multititer­platte und übergießt sie mit je 750 Mikrolitern einer Mischung aus Wasser und Polyvinyl­alkohol im Verhältnis von sieben zu eins. Durch Zentrifugation der Platte mit 2.900 g für zwanzig Minuten bei 40 Grad wird das Hydrogel danach an die PDMS-Vorlage gepresst. Nach weiteren 36 Stunden unter dem Abzug kann man die Nadelstreifen mit einer Pinzette von der Vorlage abziehen und für die DNA-Extraktion verwenden.

Andrea Pitzschke

Selz J. et al. (2023): A field-capable rapid plant DNA extraction protocol using microneedle patches for botanical survey and monitoring. bioRxiv, DOI: 10.1101/2023.01.09.523204

Bild: Selz et al.




Letzte Änderungen: 25.01.2023